KI kann unsere Art zu lernen nicht nur individualisieren, sondern auch dynamischer gestalten – besonders für jene, die bislang wenig Berührungspunkte mit digitaler Technologie hatten. Das gilt auch für Mitarbeitende in Organisationen. Davon sind unsere Interviewpartnerinnen überzeugt.
Wie wird KI das Lernen verändern, und welche Chancen und Herausforderungen entstehen dabei? Karin Siepmann und Christine Gediga vom BerufsWege für Frauen e. V. geben Einblicke in ihre Arbeit rund um innovative Lernansätze und die Integration von KI in Bildungs- und Berufskontexte. Sie teilen ihre Erfahrungen, wie wir als Gesellschaft den digitalen Wandel gestalten können und welche Rolle individuelle und organisationale Lernstrategien dabei spielen.
Ihr beschäftigt euch im Projekt „FemAILab“ mit Lernen in Zeiten von KI. Worum geht es darin genau?
Karin Siepmann: Das Projekt entstand vor zwei Jahren, kurz nach der Veröffentlichung von ChatGPT. Es hat zwei Schwerpunkte: Zum einen untersuchen wir neue Lernsettings, die selbstorganisiertes und Peer-gestütztes Lernen fördern. Zum anderen entwickeln wir spezifische KI-Lerninhalte, die leicht zugänglich und praxisnah sind. Unsere Zielgruppe sind Frauen, die bisher wenig Berührungspunkte mit digitaler Technologie hatten.
Wie wird sich Lernen durch KI eurer Meinung nach verändern?
Karin Siepmann: KI wird das Lernen individualisieren und dynamischer machen. Wir müssen weg vom klassischen Frontalunterricht hin zu adaptiven und interaktiven Lernformen. Lernräume wie Makerspaces oder Coworking-Spaces bieten dafür ideale Voraussetzungen. Wichtig ist auch, Lernende dazu zu befähigen, eigenverantwortlich und selbstmotiviert zu agieren.
Christine Gediga: Ein großer Aspekt ist die Sichtbarkeit und die Akzeptanz von KI. Viele Menschen haben Berührungsängste, die oft aus Unkenntnis resultieren. Wenn wir ihnen zeigen, wie KI funktioniert und welche Vorteile sie bietet, können wir diese Blockaden lösen.
Gibt es bei der Nutzung von KI einen Gender Gap?
Christine Gediga: Empirische Zahlen fehlen uns, aber es scheint, dass Frauen seltener als Männer in KI-Entwicklung und -Anwendung vertreten sind. Das liegt oft an geringerer Sichtbarkeit. Frauen zeigen sich seltener nach außen, was dazu führt, dass sie weniger für Vorträge oder Projekte angefragt werden. Dabei gibt es viele kompetente Frauen in diesem Bereich.
Karin Siepmann: Ich bin skeptisch, ob das Problem rein geschlechtsspezifisch ist. Der digitale Gap betrifft die gesamte Gesellschaft, unabhängig von Geschlecht. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, mit der rasanten Entwicklung Schritt zu halten. Das ist weniger ein Wissensproblem als ein Problem der Wahrnehmung und der Zugangsmöglichkeiten.
Webinare mit Karin Siepmann & Christine Gediga:
Wie können Organisationen KI besser integrieren?
Karin Siepmann: Organisationen sollten physische und digitale Lernräume schaffen, in denen Mitarbeitende neue Technologien ausprobieren können. Formate wie „Working Out Loud“ können helfen, individuelle Lernziele in einem Peer-Kontext zu verfolgen. Wichtig ist, dass Zeit und Ressourcen für Weiterbildung bereitgestellt werden.
Christine Gediga: Die Führungsebene spielt eine entscheidende Rolle. Sie muss die Bedeutung von KI kommunizieren und die Verbindung zu den strategischen Zielen der Organisation herstellen. Ohne diese Unterstützung werden viele Mitarbeitende das Thema nicht als relevant wahrnehmen.