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Innovation, Skalierung und Risiko sind untrennbarer Teil des Non-Profit-Sektors. Philipp von der Wippel und Hannes Jähnert über soziales Unternehmertum

Wie passen Innovation, Skalierung und Risiko in den Non-Profit-Sektor? Philipp von der Wippel von ProjectTogether und Hannes Jähnert von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt erörterten während des SKala-CAMPUS-Werkstattblicks im März 2021 ihren Blick auf das Thema “unternehmerisches Handeln”.

Wenn wir von sozialem Unternehmertum sprechen, dann denken wir oft an engagierte Firmen und an Social Start Ups, die schon in ihrer Rechtsform finanziellen Gewinn als Ziel integriert haben. Doch auch in reinen Non-Profits kann eine unternehmerische Haltung hilfreich sein. Philipp von der Wippel bezieht das auf das Mindset, mit dem gesellschaftliche Herausforderungen angegangen werden. Er beschäftigt sich bei ProjectTogether täglich mit der Frage, wie gute Ideen aus der Zivilgesellschaft skaliert werden können, sodass die gesamte Gesellschaft davon profitieren und Wirkung nachhaltig erzielt werden kann. Als besondere Herausforderung sieht er dabei, unternehmerisches Denken auch in solche Strukturen zu tragen, die nicht schon per Rechtsform wirtschaftlich agieren müssen.

Hannes Jähnert war viele Jahre beim DRK und trieb unternehmerisches Denken von innen heraus an. Für ihn ist besonders wichtig, dass man die Menschen einbezieht, die die unternehmerische Haltung langfristig leben und umsetzen sollen.

Folgende Tipps geben die beiden uns mit, wenn wir unternehmerische Denkweisen in den Non-Profit-Kontext übertragen möchten:

Der Weg ist das Ziel: Vom Problem her denken

Hannes berichtet von dem Schmerz, ein Problem genauestens zu definieren, ohne bereits dessen Lösung zu kennen. Doch auch Philipp betont wie schwierig es ist, erstmal nur mit der Problemursache zu arbeiten, bevor an Lösungen gedacht wird. Viel zu oft werde eine vorgefertigte Lösung auf ein Problem gestülpt. Projekte dieser Art seien oft zum Scheitern verurteilt. Stattdessen spielt eine gute Fehlerkultur in Unternehmen eine wichtige Rolle. Es reicht nicht, Fehler zu machen, stattdessen muss es Zeit und Raum geben, diese zu reflektieren, zu kommunizieren und schließlich aus ihnen zu lernen. In Organisationen muss dafür genug Spielraum geschaffen werden, das braucht natürlich Ressourcen. In diesem Blogbeitrag von Hannes Jähnert findet ihr die häufigsten Hürden für Innovation in Organisationen.

Welten verbinden: Entrepreneurship UND Intrapreneurship

Braucht es kleine, agile Start Ups und NGOs, um neue Ideen zu entwickeln, oder braucht es unternehmerisch denkende Menschen innerhalb der großen Träger und Organisationen? Nötig sind Unternehmer*innen auf beiden Seiten, sagt Hannes Jähnert. Zum einen die, die sich Innovationen ausdenken und diese weiter entwickeln. Und zum anderen diejenigen, die diese in den großen Tankern umsetzen. Was beide Seiten vereint, ist eine Abenteuerlust. Im Dialog gilt es herauszufinden, welche Risiken es gemeinsam einzugehen lohnt.

Übersicht: Einnahmequellen gemeinnütziger Organisationen

Innovation braucht Motivation: Bottom-Up UND Top-Down

Bestehende Hierarchien lassen sich nicht einfach ignorieren. In hierarchischen Strukturen braucht es oft die Erlaubnis von oben, neue Wege zu gehen. Doch langfristig ist es nötig, dass unternehmerisches Denken Teil der Unternehmenskultur wird und das kommt von unten. Menschen brauchen eine langfristige intrinsische Motivation, um innovativ zu arbeiten und zu denken – Innovationsgeist lässt sich nicht anordnen. Hannes rät dazu, sich Personalprogramme und die interne Kommunikation innerhalb der Organisationen genau anzusehen und zu ermitteln, welche Mitarbeiter*innen Schlüsselpositionen innehaben, mit denen sie Themen vorantreiben können. Damit genau diese Menschen nicht langfristig ausbrennen, brauchen sie die Unterstützung von oben.

Fehlertoleranz: Transparente Kommunikation mit Fördernden

Wer unternehmerisch denkt, der lebt auch eine Fehlerkultur. Denn wer sich auf den Weg macht, ohne die Lösung zu kennen, biegt auch mal falsch ab, reflektiert und lernt aus den Fehlern. Diese Art, Projekte umzusetzen, sollte gleich zu Beginn einer Förderbeziehung thematisiert werden. Gemeinwohlorientierte Organisationen sollten im Laufe des Projektzeitraums selbstbewusst sagen können: “Das hat nicht funktioniert, jetzt passen wir das Projekt an”. Für Geldgeber hat das langfristig einen großen Vorteil, da sich Projekte, die unternehmerisch aufgebaut sind, eher verstetigen lassen und selbst tragen können.

Rechtzeitig ins Boot holen: Politik einbinden

In der Diskussion während des Werkstattblicks wird deutlich, wie wichtig es ist, von Anfang an auch kommunale Entscheidungsträger*innen mit in die Projektplanung einzubinden. Diese müssen Projekte langfristig tragen wollen. Das verlangsamt den Prozess, aber wirkt nachhaltig. Genau an solchen nachhaltigen Lösungen arbeitet auch Philipp: Nach dem erfolgreichen Hackathon #WirVsVirus, der von ihm gegründet wurde, steht nun der zweite Teil in den Startlöchern. #UpdateDeutschland arbeitet mit 70 Kommunen und sechs Landesregierungen daran, nach neuen Lösungen aus der Zivilgesellschaft zu suchen.

Unternehmerisches Denken ist also unabhängig von Rechtsformen. Der Mut und Wille zur Veränderung stehen im Fokus, die Angst vor dem Scheitern wird durch die Lust am Lernen ersetzt.

Denkt ihr bereits unternehmerisch? Was sind eure Erfahrungen zu dem Thema? Auch wenn ihr beim Werkstattblick nicht dabei wart, schreibt uns gerne von euren Erfahrungen an SKala-CAMPUS@phineo.org.

Autorin: Merle Becker