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Worauf es ankommt, wenn ihr eine Unternehmens-Partnerschaft anstrebt.

Wie viele andere Projekte auch, laufen auch ganz hervorragend geplante Corporate-Volunteering-Projekte selten schnurgeradeaus.

Um sich frühzeitig gegen alle Eventualitäten zu wappnen, braucht es ein vertrauensvolles Miteinander, zielführende Kommunikationsschleifen und ein Projektmanagement, das auf Änderungen rasch reagieren kann. Vor allem aber braucht ihr ein Gespür für das Unternehmen, mit dem ihr zusammenarbeiten werdet.

Unternehmens-Kooperationen als shared value: eine beidseitige Angelegenheit

Kooperationen mit gemeinnützigen Organisationen werden für Unternehmen zunehmend wichtiger. Dies aus vielerlei Gründen: Unternehmen, die sich gesellschaftlich engagieren, möbeln ihr Image auf. Außerdem besitzen Mitarbeiter*innen engagierter Unternehmen eine nachweislich höhere Arbeitsmotivation. Und nicht zuletzt bietet das gesellschaftliche Engagement auch im Ringen um Fachkräfte einen Vorteil, da insbesondere jüngere Menschen stark darauf achten, wie sich das Unternehmen geriert, für das sie arbeiten sollen.

Unsere Mitarbeiter*innen sind mit einem breiten Lächeln von der CV-Maßnahme in den Arbeitsalltag zurückgekehrt! – Manuel Kempf, DEVK


Eigentlich selbstverständlich, sei an dieser Stelle nochmal ausdrücklich darauf hingewiesen: Die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen sollte für euch keineswegs bloße Dienstleistung sein, sondern eine gemeinsame Aktivität. Mit Betonung auf: gemeinsam.

Tretet ihr vor allem als Eventagentur oder dankbare Empfängerin von Hilfsleistungenauf – oder behandelt euch das Unternehmen womöglich als reine Dienstleisterin – wird die Corporate-Volunteering-Maßnahme kaum Motivation und Wirkung entfalten.

Insofern kommt es im ersten Schritt darauf an, dass ihr euch auf eine Haltung einigt. Wie wollt ihr dem Unternehmen begegnen? In welcher Rolle seht ihr euch? Was ist eure Funktion? Und was nicht? Welche Risiken seid ihr bereit zu übernehmen?

Nehmt dabei auch einen Perspektivwechsel vor und guckt durch die Unternehmensbrille. Denn auch das Unternehmen geht bei einem Corporate-Volunteering-Projekt ins Risiko. Fällt nämlich das Ergebnis schlecht aus oder bleibt das Kerngeschäft des Unternehmens unberücksichtigt, war das Engagement für die Katz. Und zwar unabhängig davon, wie gut das Projekt für euch selbst lief. Daher ist nicht nur eure Sicht auf eine Corporate-Volunteering-Partnerschaft wichtig, sondern auch die des Unternehmens.

Wie im Kerngeschäft auch, sind Unternehmen im sozialen Engagement nur dann wirkungsvoll, wenn sie das tun, was sie gut können. – Rania Al-Khatib, Corporate Citizenship, Deutsche Post DHL


Ihr seid daher gut beraten, wenn ihr euch vorher mit den Risiken, Vorbehalten und Gelingenskriterien des Corporate Volunteering auseinandersetzt.

Corporate Volunteering: Ressourcenaufwand richtig einschätzen

Das erste Gelingenskriterium besteht darin, die Aufwände aufseiten eurer Organisation sind nicht zu vernachlässigen. Insbesondere, da bei euch Zeit und Geld vermutlich ohnehin rare Güter sind. Überlegt also genau, wie viele Ressourcen ihr realistischerweise aufwenden könnt und mit wie vielen Ressourcen ihr in Vorleistung geht, etwa um eine Unternehmenskooperation anzuleiern und einzutüten. 


Ergibt sich aus eurer Kalkulation, dass ihr durch einen Corporate-Volunteering-Einsatz mehr Aufwand habt, als Nutzen zu erwarten steht, solltet ihr eine entsprechende Vorhaben ausschlagen oder als Investment in die Zukunft betrachten.

Umgekehrt wird auch ein Unternehmen eine Corporate-Volunteering-Maßnahme gar nicht erst starten, wenn der zu erwartende Ertrag in keinem Verhältnis zum Aufwand steht. Hier kommt es also darauf an, beide Seiten gleichermaßen zu berücksichtigen.

Vor allem bei kürzeren Einsätzen, kurzlebigen Partnerschaften oder gering bzw. nicht passend qualifizierten Volunteers solltet ihr genau überlegen, welchen Nutzen ihr daraus ziehen könnt. Geht ihr ins Minus und ist dem Unternehmen dennoch an einer Kooperation gelegen, könntet ihr das Corporate Volunteering an eine finanzielle Förderung bzw. Spende knüpfen. So gleichen sich eure Mehraufwände aus.

Wichtig: Hört in den Anbahnungsgesprächen gut zu!

  • Was braucht das Unternehmen wirklich, was bringt es weiter? 
  • Inwiefern profitiert ein Unternehmen aus Sicht seines Business Case von einer Partnerschaft? 
  • Was wiederum brauchen die Volunteers nicht? 
  • Wie können Volunteers am besten in eure Projekte eingebunden werden? 
  • Wer entscheidet und bis wann? 
  • Wie sind die internen Abstimmungsschleifen, welche Gremien sind eingebunden, und welche (womöglich abweichenden) Ziele verfolgen diese? 

Corporate Volunteering: Reputationsrisiken

Selbstverständlich gibt es Unternehmen, die eine Non-Profit als Aushängeschild oder Feigenblatt suchen, um von problematischen Unternehmenspraktiken abzulenken. 

Kommuniziert daher unbedingt von Anfang an eure Ziele und Interessen – seid transparent und macht glaubhaft, dass euch die gesellschaftlichen Wirkungen überaus am Herzen liegen. Recherchiert, wie lange das Unternehmen am Markt ist, welchen Leumund es besitzt, wie die Lieferketten gestaltet sind und ob es nicht doch irgendwo mit kontroversen Geschäftspraktiken zu tun hat – z.B. bei der Anlage seines Firmenkapitals.

Fragt die Unternehmensvertreter*innen offen, wie sie diese Aspekte einschätzen. Denn umgekehrt wird auch das Unternehmen euch durchleuchten: Unternehmen haben große Sorge, dass Spendengelder irgendwie versanden und/oder dass ihnen ein PR-Desaster droht, sofern sich herausstellt, dass das Unternehmen bei der Spendenvergabe offenbar nicht richtig hingeguckt hat. 

Gegen solche Vorbehalte könnt ihr proaktiv anarbeiten, indem ihr maximal transparent agiert, eure Unterlagen top sind und ihr euch auf etwaige Fragen wirklich gut vorbereitet habt

Corporate Volunteering: Interne Dynamiken

Unternehmen müssen – ebenso wie ihr in eurer Organisation – auch nach innen Überzeugungsarbeit leisten.

Um Mitarbeiter*innen für die Unternehmenskooperation zu gewinnen, wollen Sinn, Zweck und Vorbehalte einer Partnerschaft diskutiert werden. Bietet daher an, den Unternehmensgremien und der Belegschaft ausführlich Rede und Antwort zu stehen. So lernt ihr nebenbei noch viel über die Firmenkultur und einzelne Hierarchieebenen. Beides spielt euch in der Hochphase des Projekts dann gut in die Karten! 

Corporate Volunteering: Rollen und Erwartungen klären

Die Rollen und Erwartungen in einer Corporate-Volunteering-Partnerschaft sollten frühestmöglich geklärt werden.

Besprochen werden sollten als Erstes die grundlegenden Parameter:

  • Haben beide Seiten ihre Ziele artikuliert, und zwar hinsichtlich des Business Cases wie auch des Social Cases? Wann ist das Projekt ein Erfolg? Was muss passieren, damit beide Seiten hinterher sagen: “Das war ganz wunderbar!”? 
  • Welche und wie viele Personen arbeiten im Projekt, und in jeweils welcher Rolle? 
  • Wer vertritt wen bei Abwesenheit
  • Wer trifft Entscheidungen
  • Wer kommuniziert Projektstände, Zielerreichung und Termine
  • Wer steuert welche Ressourcen zur Maßnahme bei? 
  • Wie sind die genauen Abläufe, wer soll wann wo sein?
  • Mit welcher Frequenz sollen Feedback-Gespräche sowie Austausche stattfinden?  
  • Sind Wirkungsziele verabredet, in Abstimmung mit dem Unternehmen?  
  • Sind Indikatoren für die Wirkungsanalyse bestimmt, also: Wie stellt ihr fest, dass ein Ziel erreicht wurde? Und habt ihr euch hier mit dem Unternehmen abgestimmt, damit ihr auch in dieselbe Richtung segelt? 
  • Welche Monitoring-Mechanismen werden eingesetzt, um die Qualität der gemeinsamen Aktivitäten zu garantieren? 
  • Wer brieft die Volunteers, und wer befragt sie im Anschluss zu ihren Erfahrungen?  
  • Welche Evaluationsformate können umgesetzt werden, damit eine ständige Projektoptimierung stattfinden kann?
  • Existiert ein Kooperationsvertrag? Wer trägt was bei? Sin Obligationen klar definiert?
  • Hat das Unternehmen spezielle Compliance-Prozesse, die mitberücksichtigt werden sollen? Wie sind hier Zuständigkeiten definiert und wer im Unternehmen kann Fragen klären?

Corporate Volunteering: Vereinbarungen fixieren

Gegenseitige Rechte und Pflichten sollten vertraglich fixiert werden. Welche Aspekte die Vereinbarung abdeckt, hängt sehr stark vom Einzelfall ab und hier vor allem von Umfang und Form der Corporate-Volunteering-Maßnahme.

Je nach Format und Art der Zusammenarbeit können Vereinbarungen schriftlich auf unterschiedliche Arten festgehalten werden. Nicht alle Vereinbarungen erfordern eine vertragliche Bindung. Partnerschaften können auch in der Form weniger formeller Dokumente verankert werden, wenn beide Parteien noch nicht bereit sind, eine verbindliche Vereinbarung zu treffen, dennoch eine Art von unverbindlicher Verpflichtung in Betracht ziehen.

Typische Beispiele sind LOI (Letter of Intent) oder MOU (Memorandum of Understanding). Diese beiden Formen können in den Vertragsstatus erhoben werden, wenn die Parteien zustimmen. Sie können die Basis einer langfristigen Zusammenarbeit bilden.

Auf Unternehmensseite gibt es allerhand Abteilungen und Referate, die eingebunden werden müssen. Je nach Unternehmen sind das die Bereiche, die sich mit Vertragsgestaltung, Versicherungsschutz, Compliance, Datenschutz und Kommunikation beschäftigen.

Ganz allgemein kann eine Projektvereinbarung die folgenden Aspekte in Gänze oder auch nur teilweise regeln:

  • Präambel bzw. Kontext der Zusammenarbeit 
  • Leistungen der Parteien sowie das Engagementformat 
  • Ansprechpartner*innen, Rollen und Verantwortlichkeiten 
  • Außendarstellung 
  • Eventuell: Verschwiegenheitsklausel 
  • Haftungsbegrenzung

Auch wenn kein Masterplan für effizientes Miteinander in der Corporate-Volunteering-Partnerschaft existiert, gibt es doch einige grundsätzliche Gelingenskriterien:

  • Kommuniziert regelmäßig mit dem Unternehmen. Verabredet schon zu Projektbeginn, wann und wie oft ihr euch abstimmt. 
  • Plant ausreichend Zeit für Gespräche und persönliche Treffen ein. Per Mail hat noch niemand ein treffendes Gefühl für sein Gegenüber gewonnen.
  • Haltet Gesprächsergebnisse fest und macht diese allen Beteiligten zugänglich, etwa in Protokollen und über den Mailverteiler. 
  • Fördert eine gemeinsame Lernkultur, z.B. in regelmäßigen Lernrunden. Hierfür braucht es auf beiden Seiten Offenheit und Vertrauen, über die Hierarchiegrenzen hinweg.  
  • Mit aktivem Feedback an das Unternehmen zeigt ihr, dass euch das Projekt wichtig ist. Etabliert Feedback-Mechanismen auch in die andere Richtung: Die Rückmeldungen des Unternehmens können wertvolle Hinweise zur Weiterentwicklung eures Corporate-Volunteering-Programms liefern.

Entscheidungbaum

Der Entscheidungsbaum bringt euch der Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Engagement-Format einen Schritt näher:

Entscheidungsbaum fürs Corporate Volunteering

Der Unterschied macht die Magie

In Corporate-Volunteering-Projekten treffen unterschiedliche Organisationskulturen, Sprachen und Mindsets aufeinander: 

In Effizienz geschulte Berater*innen, die über Deadlines, KPIs und Timelines sprechen, treffen auf erfahrene Herzblutengagierte, die sich bestens mit ihrer Zielgruppe auskennen und wissen, dass Fortschritte Zeit brauchen, Prozesse kompliziert sein können und Erfolge sich häufig nur sehr differenziert abbilden lassen und eben nicht in Zahlen.

Sprechen Sie möglichst offen miteinander! Suchen Sie nach gemeinsamen Zielen und Interessen – wir sind sehr schnell auf solche Gemeinsamkeiten mit dem Bergwaldprojekt gestoßen und wussten, dass diese unserer Partnerschaft das nötige Fundament bereiten werden. – Manuel Kempf, DEVK

Gerade für die ersten Begegnungen in langfristig angelegten Corporate-Volunteering-Projekten ist es essenziell, sich über grundsätzliche Herangehensweisen, Ansätze und Wirkmechanismen auszutauschen – und zunächst fremd oder seltsam erscheinenden Herangehensweisen wertschätzend und offen zu begegnen. Betrachtet die Zusammenarbeit als Gewinn!

Oft sind genau solche irritierenden Begegnungen wertvolle Quellen des Lernens. Ihr gewinnt einen Einblick in ein Unternehmen, und Volunteers kommen aus ihrer gewohnten Umgebung heraus – that‘s where the magic happens!

Reporting

Noch immer neigen manche Unternehmen dazu, gemeinnützigen Organisationen mit kleinteiligen Berichtsanforderungen und Mittelverwendungsnachweisen die Arbeit zu erschweren.

Ein wirkungsorientiertes Corporate-Volunteering-Management bedeutet jedoch, dass die Partnerschaft von einem gesunden Vertrauen begleitet und das Reporting auf ein angemessenes Maß beschränkt wird.

Entsprechend sollten die Berichtsanforderungen, die das Unternehmen der Organisation auferlegt, möglichst schlank ausfallen. Adressiert daher frühzeitig das Thema “Reporting”, und wirkt beim Unternehmen darauf hin, dass die Berichtspflicht nicht zu fisselig wird, sondern vielleicht sogar an bereits bestehende Reportings andockt

Ein Corporate-Volunteering-Bericht könnte u.a. folgende Fragen beantworten:

  • Welche Aktivitäten und Maßnahmen wurden ergriffen und mit welchem Ziel
  • Welche Investitionen bzw. Ressourcen waren bzw. sind für die Durchführung der Aktivitäten bzw. Bereitstellung der Leistungen erforderlich? 
  • Welche Wirkungen wurden erzielt? 
  • Welche Zielgruppen wurden erreicht und was hat sich konkret an ihrer Lebenslage verändert
  • Welche Lerneffekte konnten Organisation und Unternehmen erzielen – auch aus Misserfolgen
  • Welche Methoden wurden eingesetzt, um all das festzustellen und zu dokumentieren?

Fazit

Corporate Volunteering funktioniert immer dann sehr gut, wenn es in echter Partnerschaft auf- und umgesetzt wird.

Das bedeutet: Stellt die richtigen Fragen, hört gut zu und geht auf Bedarfe ein. Formuliert Ziele gemeinsam und schafft gute Kommunikationswege, die es erlauben, den gemeinsamen Prozess unterwegs anpassen zu können. Schafft ein gemeinsames Verständnis darüber, wie beide Parteien von einer gemeinsamen Zusammenarbeit profitieren, und wie eure Zielgruppen ebenso einen Vorteil daraus schlagen können.

Corporate Volunteering wird verkannt, wenn man es lediglich als Teambuilding-, Marketing- oder Finanzbeschaffungsmaßnahme sieht. Richtig aufgesetzt, bietet es große Mehrwerte für euch (einen im Unternehmensjargon so genannten shared value), das Unternehmen und vor allem die Gesellschaft.

Interview: “Mut und Spaß mitbringen!”

Interview mit Vera Steiner, JOBLINGE Berlin, über ihre Erfahrungen in Corporate-Volunteering-Projekten

Wie würden Sie einen guten Unternehmenspartner beschreiben?

Vera Steiner: Perfekt ist, wenn es ein bis zwei engagierte Personen im Unternehmen gibt, die als feste Ansprechpartner*innen fungieren. Sie filtern die Wünsche der potenziellen Volunteers und koordinieren mit uns die Einsätze. Ressourcen sind knapp, das sollten Unternehmen einkalkulieren – wenn z. B. ein Workshop durchgeführt wird, ist es toll, wenn Räumlichkeiten und Materialien dafür gestellt werden. Auch sollten die Abläufe für beide Seiten klar sein: Wie wird was und wo durchgeführt? Wer kommt wann wohin, und was passiert dort? Außerdem ist es für uns immens wichtig, dass das Unternehmen mit offenen Karten spielt. Es sollte uns offen sagen, was es sich von einer Zusammenarbeit erhofft, was es sich vorstellt und was es damit erreichen will. Und nicht zuletzt: Mut und Spaß mitbringen, sich auf Neues einzulassen!

Was können Stolpersteine in der Zusammenarbeit sein?
Steiner: Wenn Erwartungen nicht abgefragt oder auch von uns nicht klar formuliert werden, kann es passieren, dass das Engagement der Volunteers an den Bedarfen vorbeigeht. Zum Beispiel wollten uns Mitarbeiter*innen eines Unternehmens dabei unterstützen, die Lebensläufe unserer Teilnehmer*innen professioneller zu gestalten. Hinterher kamen die Jugendlichen dann mit Lebensläufen zurück, die von Sprache und Aufbau eher nach Top-Management aussahen als nach Ausbildung zur Anlagenmechaniker*in. Die waren für uns komplett unbrauchbar! Das hat uns gezeigt: Wir müssen miteinander über verschiedene Lebensrealitäten sprechen.

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