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Dürfen sich eine Naturschutzstiftung oder ein Kulturverein für mehr Demokratie stark machen? Klare Antwort: ja! Eine gemeinnützige Organisation darf zwar keine politische Parteiarbeit leisten. Aber es gibt viele andere Möglichkeiten.

Eure Organisation bewegt neben dem Satzungszweck auch die Erhaltung und Stärkung der Demokratie in unserer Gesellschaft? Dann seid ihr Teil eines ermutigenden Phänomens. Allerdings ist es wichtig, dass ihr entsprechende Aktivitäten auf die Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts ausrichtet. Das ermöglicht es, auch politisch Position zu beziehen, schränkt die politische Arbeit aber gleichzeitig ein.

Politische und gesellschaftliche Positionen und Aktivitäten sind für gemeinnützige Organisationen keineswegs verboten. Sie führen auch nicht automatisch zum Verlust der Gemeinnützigkeit. Das hat der Bundesfinanzhof, als oberstes deutsches Steuergericht zuständig für Streitfragen zur Gemeinnützigkeit, eindeutig entschieden.

Grundsätzlich ergibt sich erst dann ein Problem, wenn eine gemeinnützige Organisation etwas tut, das nach deutschem Recht eine Partei erforderlich macht.

Das ist dann der Fall, wenn die Non-Profit ein umfassendes politisches Programm mit detaillierten Zielsetzungen zu Fragen aus allen Bereichen entwickelt und sich laufend zu ganz verschiedenen Anliegen fern des eigenen Satzungszwecks äußert. Auch wenn der eigentliche Tätigkeitsschwerpunkt darin besteht, bestimmte politische Vorstellungen durchzusetzen, kann der Status der Gemeinnützigkeit aberkannt werden.

Keinerlei Problem besteht, wenn eine Organisation sich im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Aktivitäten mit gesellschaftlichen Anliegen beschäftigt. Schließlich strahlen Demokratiedefizite praktisch auf jedes Thema aus, mit dem sich Non-Profits befassen. Gleichzeitig ist eine funktionierende, demokratisch organisierte Zivilgesellschaft Voraussetzung dafür, dass gemeinnütziges Engagement überhaupt funktionieren kann

Ein konkretes Beispiel:

Wenn Transsexuelle oder Migranten von der Möglichkeit ausgeschlossen sind, Vereinssport zu betreiben, dann bedroht dies die Ausübung und Förderung des Sports. Deshalb ist es ein berechtigtes Anliegen von Sportvereinen, gegen Rassismus und Transphobie vorzugehen und entsprechende Aktionen zu starten.

Der häufig gehörte Einwand „Politik hat im Sport nichts zu suchen“ würde zwar dann greifen, wenn der örtliche Fußballverein bestimmte Kandidat*innen bei der Stadtratswahl unterstützt. Er geht aber ins Leere, wenn damit eine Kampagne gegen Rassismus auf dem Platz verhindert werden soll – denn solche Aktionen beziehen sich direkt auf den Sport. Gleichzeitig helfen sie, die Demokratie stark zu machen.

Konkrete Möglichkeiten und Ansätze: So können Non-Profits die Demokratie stärken

  • Euer Kulturverein kann das Thema „Ausgrenzung und Othering“ zum Vereinsthema erheben und die verschiedenen Gruppen und Mitglieder dazu aufrufen, Ideen zu sammeln: Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Aktionen und Performances rund um Inklusivität und Minderheitenschutz zum Beispiel. Oder Vorschläge, wie man Künstler*innen aus diskriminierten Gruppen besonders fördert. Diese Festlegung als ein Ziel der Vereinsarbeit ist eine direkte Ausprägung des Satzungszwecks – der Förderung von Kunst und Kultur. Gleichzeitig engagiert ihr euch für Demokratie und Teilhabe im Alltag.
  • Ein Sportverein, der sich ganz klar gegen die Diskriminierung von LGBTQ-Menschen im Sport einsetzt und sich dazu bekennt, diese Zielgruppen besonders anzusprechen, kann nicht nur die Regenbogenfahne auf die Vereinstrikots drucken. Er kann das auch konsequent in seine Außendarstellung mit aufnehmen, um diese Zielgruppe als Mitglieder zu werben. Solche Aktionen sind vom Satzungsziel gedeckt. Das Engagement sollte sich jedoch natürlich nicht auf Trikot-Symbolik beschränken – Stichwort Pinkwashing.
  • Wenn eure Naturschutzstiftung Kindern aus Geflüchteten-Familien die kostenlose Teilnahme an Wald-Rallyes ermöglicht und das mit Sponsoring-Aufrufen und weiteren Solidaritätsaktionen verbindet, etwa Hausaufgabenbetreuung oder ehrenamtliche Unterstützung für die Eltern bei der Wohnungssuche, dann liegt auch das sicher noch im Bereich der erlaubten und satzungsgemäßen Betätigung. Ihr zeigt gleichzeitig, dass ihr keinen eng begrenzten Blick auf euer Satzungsziel habt, sondern Naturschutz als gesellschaftliches Anliegen seht, das alle angeht.
  • Eine gemeinnützige Non-Profit darf anderen gemeinnützigen Non-Profits Mittel zukommen lassen, ohne dass dies als Mittelzweckentfremdung zählt. Die Satzungsziele müssen nicht übereinstimmen. Ein gemeinnütziger Galerieverein darf eine gGmbH für politische Bildung bei der Abhaltung von Seminaren zu Menschenrechten in der Praxis unterstützen, ohne seine Gemeinnützigkeit zu gefährden. Er kann dafür sowohl eigene Geldmittel als auch Sachspenden bereitstellen oder die Galerieräume kostenfrei für Veranstaltungen bereitstellen.
  • Eine Möglichkeit, demokratische Orientierung in eurer Organisation zu verankern, ist die Verabschiedung eines Leitbilds mit demokratischen, inklusiven Werten. Eine weitere Möglichkeit ist ein Unvereinbarkeitsbeschluss, der deutlich macht, dass undemokratische Einstellungen und Handlungen wie die Hetze gegen Minderheiten nicht mit der Mitgliedschaft in oder dem Ehrenamt für die Non-Profit vereinbar sind.

Tipps zur praktischen Umsetzung: Was geht, was geht nicht?

  • Überlegt euch ein Konzept: Was soll der Inhalt eurer Aktionen pro Demokratie sein? Welche Ziele verfolgt ihr konkret, welche Wirkung wollt ihr erreichen? Dabei hilft euch der kostenlose Online-Kurs „Wissen, was wirkt: soziale Projekte erfolgreich planen“.
  • Aktionen und Projekte zur Demokratiestärkung sollten innerhalb eurer Non-Profit auf eine möglichst breite Grundlage gestellt werden. Es bringt wenig, wenn die Vorstandsmitglieder etwas beschließen und dabei versäumen, die restlichen Mitglieder, Mitarbeiter*innen, Ehrenamtlichen etc. mitzunehmen.
  • Natürlich müssen eure Aktivitäten immer korrekt in die Wege geleitet werden: beispielsweise mit einem Beschluss der Mitgliederversammlung des e. V., falls es die Satzung erfordert.
  • Bestimmt eine Verbindung eures Engagements zur Demokratieförderung, die ihr mit euren Satzungszielen verknüpft. Es muss keine direkte Verbindung sein, wie im Fall des Vereins für politische Bildung, der eine Seminarreihe zum Thema Demokratie veranstaltet.
    Euer Engagement sollte jedoch auch nicht völlig losgelöst von eurer sonstigen Arbeit sein. Ein Kleingartenverein, der eine Ausstellung zu Datenschutzrisiken durch Gesichtserkennungs-Software veranstaltet, ist weit weg von seinem Satzungszweck.
    Anders ist es, wenn er neue Zielgruppen für die Kleingarten-Idee anspricht und so die Rolle des Vereins für den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt. Das ist klar im Rahmen der gemeinnützigen Vereinstätigkeit.
  • Wie schon erwähnt: Eure Aktivitäten dürfen nicht dazu führen, dass die politische Arbeit im Vordergrund steht und ihr wie eine politische Partei agiert. Ihr wollt die Demokratie fördern und demokratische Werte stärken, nicht einzelne Positionen durchsetzen.
  • Je enger eure Aktionen und Stellungsnahmen pro Demokratie inhaltlich mit eurem Satzungsziel zusammenhängen, umso eher dürft ihr dabei klare Kante zeigen. Es gehört nicht zu den Aufgaben eines Schachvereins, scharf Position zur Rentenpolitik zu beziehen. Ein Verein zur Integration Geflüchteter kann dagegen sehr wohl klar Stellung zu arbeitsmarktpolitischen Defiziten beziehen, die die berufliche Eingliederung von Migrant*innen bremsen.
  • Selbstverständlich dürft ihr euch nicht mit einer bestimmten Partei verbinden, ihr Programm übernehmen oder ihr generell Unterstützung leisten.
  • Hoffentlich nur selten notwendig: Wenn ein Mitglied undemokratisch agiert, ist unter Umständen ein Vereinsausschluss möglich. Schließlich gehört es ebenfalls zur Demokratiestärkung, unverbesserlichen Demokratiegegnern keine Plattform zu geben. Tipps liefert der Beitrag „Vereinsausschluss: Wann können Vereine ein Mitglied ausschließen?“.