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Alles ist im Wandel, und viele Non-Profits stellt das vor ganz besondere Herausforderungen. Budget und Ressourcen sind stets knapp bemessen, dazu sind Fördermittel meist an bestimmte Projekte gebunden und beinhalten selten interne Prozesse. Doch Veränderung kann auch zu einem positiven Ergebnis führen, wie beim Verein Handwerkerinnenhaus Köln. Hier beschreibt Sharon Blumenthal, wie der Entwicklungsprozess gelang.

Nicht nur wirtschaftliche Unternehmen, sondern auch Non-Profit-Organisationen stehen vor der großen Herausforderung, stets auf sich verändernde Rahmenbedingungen im Außen und im Innen reagieren zu müssen. Bei Profit-Unternehmen gehört es mittlerweile dazu, sich mit einer entsprechenden Strategie und einer modernen Organisationskultur gut aufzustellen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Non-Profit-Organisationen tun sich hingegen oft schwer damit, sich auf Wandel einzustellen und diesen gut zu gestalten.

Dabei sind sie genauso häufig und teilweise sogar stärker von Veränderungen betroffen – denn nicht selten können sich Veränderungen für gemeinnützige Organisationen zur existenziellen Bedrohung entwickeln.

Veränderungen, mit denen Non-Profits konfrontiert sein können:

  • Änderungen in der Gesetzgebung oder in der Förderstrategie von Geber*innen und Stiftungen gefährden die finanzielle Sicherheit
  • Veränderungen im Bedarf der Zielgruppen können zu Wegfall von Leistungen und Angeboten führen (und wecken damit Zweifel an der Legitimation der Organisation)
  • Wachstum und Skalierung erfordern eine Anpassung der Organisationsstruktur
  • Digitalisierung kann zur inneren Zerreißprobe werden
  • Veränderungen in der Vereinsstruktur stellen eingespielte Rollen und Zuständigkeiten auf den Kopf
  • Ein Generationswechsel betrifft gleich viele verschiedene Ebenen in der Organisation

Solche Situationen müssen sich auf die eigene Organisation allerdings nicht automatisch negativ auswirken. Genauso groß ist die Chance, dass eine Veränderung zu einem positiven Wandel führt.

Als Non-Profit-Organisationen sollten wir uns deshalb für Veränderungen im Außen und im Innen gut wappnen.

Praxisbeispiel: das Handwerkerinnenhaus im Wandel

Das Handwerkerinnenhaus stand mit dem Ausscheiden zweier langjähriger Kolleginnen und mit der zugleich geplanten Veränderung in der Vereinsstruktur in den letzten Jahren gleich vor mehreren großen Herausforderungen.

An den ausscheidenden Kolleginnen hingen nicht nur Wissen und Erfahrung, sie hatten auch viele Jahre das Selbstverständnis der Organisation entscheidend geprägt. Gleichzeitig kam durch den Wegfall dieser Schlüsselpositionen die Frage nach den Rollen und Zuständigkeiten innerhalb der Organisation auf. Um neue Kolleginnen gut an Bord holen zu können, brauchte es zudem Klarheit darüber, wer wir als Organisation waren und auch zukünftig sein wollten.

Der Generationswechsel zwang uns sozusagen zur Auseinandersetzung mit uns selbst. Und zugleich lag darin die große Chance, uns bewusst und aktiv neu für unsere Werte, Prinzipien und Schwerpunkte zu entscheiden.

Unser Verständnis als „basisdemokratische Frauenorganisation“ wurde auf die Probe gestellt: Was verstanden wir darunter eigentlich ganz genau? Welche Führungs- und Entscheidungskultur brauchten und wollten wir? Wie konnten wir die Aufgaben in der Organisation gut und gerecht verteilen?

Externe Begleitung dank Förderprogramm

Schnell wurde uns klar, dass wir bei Diskussionen über derart grundlegende Fragen externe Begleitung brauchten, um Ergebnisse zu erzielen und Konflikte zu vermeiden.

Die Finanzierung solcher Organisationsentwicklungsprozesse ist in der Regel jedoch problematisch. Im Rahmen der regulären Projektförderung gibt es für solche Prozesse kein Budget und selbst bei institutionellen Förderungen gibt es dafür selten einen Spielraum.

Das Handwerkerinnenhaus bekam zur richtigen Zeit den richtigen Tipp: Mit Mitteln aus einem vom Europäischen Sozialfonds (ESF) aufgelegten und durch das Bundesamt für Arbeit und Soziales durchgeführten Förderprogramm („unternehmensWert:Mensch“, Ende 2022 ausgelaufen) konnten wir die Beratung für unseren Organisationsentwicklungsprozess zu 80% finanzieren.

Unternehmen werden durch derartige Programme unterstützt, dem demographischen Wandel und der digitalen Transformation besser zu begegnen. Auch wenn sich diese Programme in der Regel an Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU) richten, können auch gemeinnützige Organisationen die Fördervoraussetzungen erfüllen. Und inhaltlich stehen Non-Profits vor denselben Problemen.

Es lohnt sich daher, auch Förderprogramme im Blick zu haben, die sich eigentlich an den Mittelstand richten. Gerade für die strategische Entwicklung der Digitalisierung stehen auch heute immer wieder Mittel zur Verfügung. Wer Digitalisierung strategisch angehen möchte, muss dafür innerhalb der Organisation die Basis schaffen – und hier beginnt bereits der Prozess der Organisationsentwicklung.

Neben der Organisationsberatung erhielten wir zudem fachlichen Rat durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband, unseren Dachverband. Wir wurden darin unterstützt, unsere Vereinsstruktur zu überarbeiten, Stellenbeschreibungen zu definieren und das Onboarding der neuen Kolleginnen gut zu gestalten.

Entwicklungsprozess erfolgreich abgeschlossen!

Im Handwerkerinnenhaus hat der gesamte Prozess zur Organisationsentwicklung mehr als drei Jahre gedauert – aber es hat sich gelohnt. Wir haben wichtige inhaltliche Fragen zu unserem Selbstverständnis geklärt und damit die Basis für ein neues Leitbild geschaffen. Wir haben Aufgaben und Rollen definiert und damit Zuständigkeiten und Arbeitsbedingungen verbessert. Wir haben an unserer internen Kommunikation gearbeitet und sind damit in der Lage, auch zukünftige Herausforderungen als Team gemeinsam zu meistern.

Die wichtigsten Takeaways auf einen Blick:

  • Änderungen zum Anlass nehmen, sich auch mit Grundlegendem zu befassen
  • Sich Zeit nehmen für den Prozess
  • Externe Unterstützung in Anspruch nehmen
  • Finanzierung auch außerhalb der „klassischen“ Fördertöpfe suchen

Tipps für die Förderung von Organisationentwicklungs-Themen:

  • Europäischer Sozialfonds für Deutschland, z.B. aktuell bis 2027 ESF+ „Wandel der Arbeit sozialpartnerschaftlich gestalten“ (Förderung nachhaltiger Personalpolitik und Unternehmenskultur)
  • Pro-bono-Coaching und Beratung, z.B. durch Haus des Stiftens, die Schmid-Stiftung oder heldenrat e.V
  • Mit den Stiftungen ins Gespräch gehen zu Förderung der Resilienz und der Weiterentwicklung der Organisation
  • Förderung für die Weiterentwicklung der Digitalisierung beantragen – und darüber wichtige strategische Fragen innerhalb der Organisation klären
  • Bei Skalierungswunsch, Angebote im Rahmen des openTransfer Accelerator nutzen
  • Weitere Links gibt es im E-Book “Wandel und Organisationsentwicklung” von opentransfer
  • Die Initiative Code of Good Practice hilft bei der Suche nach geeigneten Coaches