Direkt zum Inhalt wechseln

Vorübergehender Engpass oder Zeit, die Reißleine zu ziehen – es ist nicht immer leicht, den Unterschied zu erkennen. 8 Anzeichen für eine drohende Insolvenz, der rechtliche Rahmen und warum ihr jetzt schnell handeln solltet

Fakt ist: Gemeinnützige Organisationen haben es wirtschaftlich nie besonders leicht, sie sind auf Förder- und Mitgliedsbeiträge sowie finanzielle Unterstützung von außen angewiesen. Wenn in Krisen wie der Corona-Pandemie Fördermittel und Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung auslaufen oder Hilfemaßnahmen nicht rechtzeitig gekommen sind, kann es finanziell richtig eng werden. Aber wann ist der Zeitpunkt gekommen, Insolvenz anzumelden?

Um eine vorübergehende finanzielle Schieflage von einer Insolvenzsituation unterscheiden zu können, solltet ihr die Grundlagen der Insolvenz bei Non-Profit-Organisationen kennen. Hier kommt es im Ernstfall auf rechtzeitiges Handeln an.

Insolvenz – rechtliche Grundlagen

Es gibt drei Insolvenzgründe:

  • Zahlungsunfähigkeit
  • Überschuldung
  • drohende Zahlungsunfähigkeit

Für bestimmte gemeinnützige Träger sind Fristen für die Beantragung der Insolvenz festgelegt. Das ist bei gGmbHs, gAGs und gemeinnützigen Genossenschaften der Fall. Hier gilt in der Regel die Pflicht zur unverzüglichen Antragstellung bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Spätestens nach drei Wochen muss der/die Geschäftsführer*in den Insolvenzantrag stellen.

Aber Vorsicht: Die 3-Wochen-Frist ist eine Maximalfrist, die nicht immer ausgeschöpft werden darf. Ein verspäteter Insolvenzantrag kann eine persönliche Haftung der Geschäftsführung und anderer vertretungsberechtigter Organe auslösen. Unter Umständen kann das Organ auch strafrechtlich belangt werden.

Insolvenz in Vereinen und Stiftungen

Für Vereine und Stiftungen ist die Antragsfrist nicht explizit geregelt. Dennoch unterliegen sie den allgemeinen Vorschriften zur Insolvenz. § 15 a InsO (Insolvenzordnung) legt die 3-Wochen-Frist allgemein fest – diese sollten vertretungsberechtigte Organe von Vereinen und Stiftungen im Auge behalten.

Haben nach drei Wochen die Sanierungsbemühungen nicht zum Erfolg geführt, sollte der Insolvenzantrag gestellt werden, um eine persönliche Haftung auszuschließen. Dabei müssen Vereins- und Stiftungsvertreter*innen anders als die Organe von gGmbHs und anderen gemeinnützigen Organisationen mit einer Rechtspersönlichkeit bei Überschreiten der Frist nicht befürchten, sich strafbar zu machen. Ihnen droht bei verspäteter Antragstellung jedoch eine zivilrechtliche persönliche Haftung für daraus entstehende Schäden.

Wichtig:
Die Insolvenzantragspflicht gilt auch für Vorstände, die ehrenamtlich tätig sind.

8 Anzeichen für eine drohende Insolvenz

Mit dieser Checkliste könnt ihr eine mögliche Insolvenzlage in eurer Non-Profit leichter erkennen:

  • Ihr könnt fällige Forderungen nicht mehr bedienen. Das ist ein klares Signal für eine Zahlungsunfähigkeit.
  • Es ist erkennbar, dass ihr fälligen Zahlungsverpflichtungen in den nächsten Wochen nicht mehr nachkommen könnt. Das kann auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hinweisen.

Aufgepasst: Zahlungsunfähigkeit und drohende Zahlungsunfähigkeit sind für die Insolvenz relevant. Es kann je nach Situation schwierig sein, die Zahlungsunfähigkeit von einer bloßen Zahlungsstockung und vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten zu unterscheiden. Hier hilft der Blick auf die 3-Wochen-Frist: Ist deutlich zu erkennen, dass Sanierungsversuche innerhalb dieser Frist nicht zum Erfolg führen werden und sind keine eingehenden Zahlungen in Aussicht, solltet ihr Insolvenz beantragen.

  • Deckt das Vermögen der Non-Profit die Verbindlichkeiten nicht mehr ab, ist eine Überschuldungslage gegeben. Auch das ein Insolvenzgrund.

Überschuldung ist nicht immer leicht zu erkennen, weil ihr dazu mit den Zahlen aus der Buchhaltung vertraut sein müsst. Das gehört zu den Pflichten des Vorstands. Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Eine Überschuldungssituation liegt vor, wenn das Vermögen in einem deutlichen Missverhältnis zu den Verpflichtungen steht.

Die Verbindlichkeiten übersteigen das Vermögen um ein Vielfaches? Daraus lässt sich ableiten, dass ihr zukünftig nicht mehr in der Lage sein werdet, Zahlungsverbindlichkeiten nachzukommen. Im Zweifel solltet ihr eine Überschuldungssituation mit einer Steuerberaterin oder einem erfahrenen Rechtsanwalt prüfen.

Überschuldung kann sich zum Beispiel auch dadurch bemerkbar machen, dass sich immer wieder akute Zahlungsprobleme ergeben. Diese werden vielleicht kurzfristig durch eingehende Gelder von außen aufgefangen. Die Situation wiederholt sich allerdings immer wieder – und jedes Mal wird es schwieriger, akute Probleme zu lösen.

Bei folgenden Signalen sollten die Alarmglocken läuten:

  • Ihr könnt Zahlungsverpflichtungen nicht mehr auf erste Anforderung zum Fälligkeitsdatum erfüllen, sondern erst nach mehreren Mahnungen.
  • Gläubiger schalten Inkasso-Unternehmen zur Eintreibung von Forderungen ein.
  • Ihr erhaltet Mahnbescheide.
  • Bisher eingeplante Geldzuflüsse von außen fallen ersatzlos weg.
  • Ihr habt ständig Probleme, eure Mitarbeiter*innen pünktlich zu bezahlen.

Wichtig: Auch Gläubiger*innen oder Mitarbeiter*innen einer Non-Profit-Organisation können einen Insolvenzantrag stellen. Deshalb solltet ihr euch nicht zu lange Zeit lassen und im Zweifel eher früher selbst aktiv werden. Ein Gläubiger kann beispielsweise schon ab einer zweiten Mahnung Insolvenz beantragen.

Sind nicht alle Vorstandsmitglieder bereit, Insolvenz zu beantragen, kann auch ein einzelnes Vorstandsmitglied aktiv werden. In diesem Fall muss allerdings der Insolvenzgrund glaubhaft gemacht werden.

Übersicht: Einnahmequellen gemeinnütziger Organisationen

Insolvenz anmelden – so funktioniert’s

Einen Insolvenzantrag stellt ihr beim zuständigen Amtsgericht. Welches Gericht zuständig ist, könnt ihr im Zweifel direkt bei Gerichten in eurer Nähe erfragen.

Für den Insolvenzantrag ist keine Form vorgeschrieben. Ihr könnt ihn schriftlich formlos beim Gericht einreichen. Empfehlenswert ist es, wenn ihr mit dem schriftlichen Antrag auf Insolvenz persönlich beim Gericht vorstellig werdet. Ihr müsst dem Antrag eine Aufstellung über alle Schuldner- und Gläubigeransprüche sowie eine Übersicht über das Vermögen eurer Organisation beifügen.

Wichtiges zum Insolvenzverfahren

Non-Profit-Organisationen wie Vereine bleiben bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens rechtsfähig. Neue Mitglieder dürft ihr während der Insolvenz nicht mehr aufnehmen. Regelmäßig werden Mitgliedsbeiträge ausgesetzt, wenn in eurer Satzung nichts anderes bestimmt wurde. Die Organe bleiben während des Insolvenzverfahrens in ihrem Amt.

Kann ein Verein durch die Insolvenz die in der Satzung festgelegten Vereinszwecke nicht mehr erfüllen, verliert er den Status der Gemeinnützigkeit.

Insolvenz beantragen: im Zweifel besser früher als später

Seid ihr euch im Unklaren, ob bei eurer Non-Profit eine Insolvenzlage gegeben ist, solltet ihr im Zweifel besser frühzeitig einen Insolvenzantrag stellen. Insbesondere sollten euch Gläubiger mit ihrem Antrag nicht zuvorkommen. Denn dann könnte das Gericht eine Verspätung bei der Antragstellung von eurer Seite annehmen.

Das Haftungsrisiko für die Organe der Organisation ist hoch. Hier droht die persönliche Haftung mit dem gesamten Vermögen. Seid ihr unsicher, wie es um eure Finanzen bestellt ist, lasst euch von einem Rechtsanwalt, einer Steuer- oder Insolvenzberaterin bei der Entscheidung unterstützen.