Wie gelingt es, Wirkungsorientierung in einer vielschichtigen Organisation wie der Kindersprachbrücke Jena e. V. zu verankern? Julia Schnabel und Myriam Schwarzer berichten, wie durch unsere Weiterbildung Wirkungsmanagement aus Bauchgefühl systematisches Wirkungsmanagement wurde, was sie auf dem Weg überrascht hat und warum Wirkung nicht nur Ziel, sondern auch Motor für gute Zusammenarbeit ist.
Die Kindersprachbrücke ist ein gemeinnütziger, innovativer Verein, der sich für mehr Teilhabe- und Bildungsmöglichkeiten für alle Menschen in Thüringen engagiert. Der freie Träger der Jugendhilfe betreibt unter anderem einen Kindergarten, stationäre Jugendhilfeeinrichtungen, Schulsozialarbeit und das Jenaer Frauenhaus. Außerdem setzt die Kindersprachbrücke zahlreiche Projekte und die Landesprogramme „Mehrsprachigkeit ist klasse!“ und „Sozialpädagogisches Teamteaching“ um. In der Kindersprachbrücke Jena sind weit über 200 Menschen aktiv, davon ca. 170 Personen haupt- bzw. nebenberuflich.
Hallo Julia und Myriam, wie genau seid ihr bei der Kindersprachbrücke tätig?
Julia Schnabel: Ich leite den Bereich Bildung und Projekte. Zusammen mit rund 20 Kolleg*innen bieten wir vielfältige Projekte in der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung an.
Myriam Schwarzer: Ich leite die Stabsstelle für Personal- und Qualitätsentwicklung. Dort ist Wirkungsmanagement als Qualitätsthema neben Bereichen wie Kinderschutz und Bildung für nachhaltige Entwicklung verankert.
Und wie seid ihr zum Thema Wirkungsorientierung gekommen?
Julia: Ich habe 2021/22 an der Weiterbildung teilgenommen. Vorher war das Thema Wirkung bei uns zwar präsent, aber eher intuitiv – wir hatten kein systematisches Vorgehen. Die Weiterbildung war ein Impuls, das zu ändern. Ich habe Inhalte direkt in unsere Organisation getragen: mit Workshops, Projekt-Pitches und ersten Wirkungstreppen. Das war der Startpunkt, um das Thema auf Führungsebene zu verankern.
Heute haben wir über 30 Wirkungstreppen.
Myriam: Als ich zur Kindersprachbrücke kam, konnte ich Julias Praxisprojekt direkt miterleben. Uns wurde schnell klar: Einzelne Workshops reichen nicht – wir müssen breiter ansetzen. Deshalb habe ich ebenfalls an der Weiterbildung teilgenommen. Mein Projekt war, mit allen Teams Zielgruppenanalysen durchzuführen und Wirkungsziele zu erarbeiten. Am Ende standen 16 Wirkungstreppen – heute sind es über 30.
Und wie genau habt ihr eure Kolleg*innen einbezogen?
Myriam: Wir haben gezielt Leitungskräfte und konzeptstarke Mitarbeitende eingebunden – Leute, die Lust auf „Hirnschwerstarbeit“ hatten. Die Wirkungstreppen wurden dann mit jedem Team abgestimmt, bis wirklich alle sagten: „Das sind unsere Ziele.“ Das war wichtig, nicht nur für das Wirkungsmanagement, sondern für den Teamzusammenhalt.


Gab es Widerstände, das Thema Wirkungsmanagement anzugehen?
Myriam: Kaum – vielleicht deshalb, weil wir das Vorgehen gut abgestimmt haben. Manche Teams waren anfangs zögerlich, aber viele waren motiviert, gerade weil sie mitgestalten konnten.
Julia: Die Reaktionen hingen stark vom Arbeitsbereich ab. Projektmitarbeitende waren eher vertraut mit Konzeptarbeit, im Kita- oder Wohngruppenalltag war es schwieriger, sich die nötigen Freiräume zu schaffen.
Wie habt ihr das ressourcentechnisch geschafft?
Julia: Ohne Förderung durch die Kinnings Foundation wäre das in diesem Umfang nicht möglich gewesen. Wir konnten personelle Ressourcen schaffen und wurden auch fachlich begleitet – das war enorm hilfreich. Unsere Geschäftsführung hat klar signalisiert, dass Zeit für das Thema zur Verfügung stehen muss.
Am Ende arbeiten alle an denselben Zielen. Das erzeugt ein starkes Wir-Gefühl.
Gab es Aha-Momente?
Myriam: Ein Schlüsselmoment war, als wir die Wirkungstreppen der verschiedenen Angebote nebeneinandergelegt haben – und gesehen haben: Am Ende arbeiten alle an denselben Zielen. Das erzeugt ein starkes Wir-Gefühl.
Einen weiteren Aha-Moment hatten wir in der Weiterbildung Wirkungsmanagement, als Datenerhebung als pädagogische Intervention vorgestellt wurde – etwa durch Gesprächsanlässe in einer Schwimmgruppe für geflüchtete Frauen. Das hat meine Sicht auf Evaluation verändert: Es geht nicht nur um Zahlen, sondern um echte Verständigung mit der Zielgruppe.
Im Projektbereich schreiben wir heute kein Konzept mehr ohne Wirkungslogik.
Was hat sich seit der Weiterbildung in der Kindersprachbrücke verändert?
Myriam: Wir haben mittlerweile Wirkungstreppen mit Indikatoren und Datenerhebungsplänen. In vielen Bereichen liegen bereits erste Auswertungen vor. Der erste Zyklus ist noch nicht überall durchlaufen, aber wir sind auf dem Weg.
Julia: Im Projektbereich schreiben wir heute kein Konzept mehr ohne Wirkungslogik. Die Angebote werden differenzierter evaluiert, die Ergebnisse zunehmend auch als Entscheidungsgrundlage genutzt.

Was steht als Nächstes an?
Myriam: Wir wollen das Thema stärker ins Führungshandeln integrieren – also Wirkung nicht nur messen, sondern auch für Teamsteuerung nutzen. Was bedeutet es zum Beispiel, wenn wir bestimmte Ziele nicht erreichen? Welche Schlüsse ziehen wir daraus?
Julia: Auch die Wirkungskommunikation entwickeln wir weiter – weg von reinen Output-Zahlen, hin zu echten Veränderungsgeschichten aus der Zielgruppe. Das steckt noch in den Anfängen, aber wir haben es klar im Blick.
Ohne Rückhalt von oben funktioniert es nicht – schon gar nicht langfristig.
Habt ihr einen Tipp für zukünftige Teilnehmer*innen der Weiterbildung Wirkungsmanagement?
Julia: Tandemarbeit! Die Weiterbildung zu zweit zu machen, war für uns extrem hilfreich. Der Austausch intern hat uns sehr geholfen. Wenn das nicht geht: Sucht euch Verbündete, mit denen ihr das Thema in der Organisation weiterdenkt.
Myriam: Und holt die Geschäftsführung ins Boot. Ohne Rückhalt von oben funktioniert es nicht – schon gar nicht langfristig.
Warum sollte jede*r die Weiterbildung Wirkungsmanagement machen?
Myriam: Wirkungsorientierung ist zentral, wenn wir Veränderungen für unsere Zielgruppen erreichen wollen. Sie stärkt gleichzeitig die Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden – ein wichtiger Beitrag zu gesunder, sinnvoller Arbeit. Und wir lernen, nicht nur zu spüren, dass unsere Arbeit wirkt, sondern es auch belegen zu können – mit Daten.
Außerdem ist das Netzwerk, das durch PHINEO entsteht, ein echter Mehrwert. Wir profitieren immer noch und immer wieder von gegenseitigem Austausch.