Direkt zum Inhalt wechseln

Die Mitgliederversammlung ist das entscheidende Gremium in einem Verein. Lange war dafür ein Präsenztreffen vorgeschrieben. Ab dem 21. März 2023 sind auch virtuelle bzw. digitale Mitgliederversammlungen sowie Mischformen fester Teil des Vereinsrechts. Was ihr beachten müsst, wenn ihr diese Möglichkeiten in eurem Verein nutzen wollt. 

Stand: 21. März 2023

Ein Verein kann seine Mitgliederversammlungen nicht nur als Präsenzversammlungen abhalten. Inzwischen ist das auch digital oder als Mischform aus beidem möglich. Beide Optionen wurden im neu gefassten § 32 Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gesetzlich verankert und sind ab sofort in Kraft. Allerdings gelten dabei unterschiedliche Voraussetzungen: 

  • Eine hybride Mitgliederversammlung, an der die Mitglieder sowohl virtuell wie in Präsenz teilnehmen können, darf der Vorstand des e. V.  – oder wer sonst für die Einberufung zuständig ist – von sich aus ansetzen. 
  • Für eine rein virtuelle Mitgliederversammlung ist dagegen ein entsprechender Beschluss der Mitgliederversammlung notwendig. Ausnahme: Diese Möglichkeit ist in der Satzung des Vereins vorgesehen. 

Beide Formen definiert das Gesetz darüber, dass „Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben“. Bei der Hybrid-Variante können sie die elektronische Teilnahme wählen, bei der „virtuellen Versammlung“ besteht nur diese eine Option.

Wenn euer Verein zur virtuellen Form wechseln will, aber in eurer Satzung nichts über digitale Mitgliederversammlungen steht, dann solltet ihr zuerst eine Präsenz- oder eine hybride Versammlung einberufen. Dort kann dann für die nächsten Mitgliederversammlungen der Übergang zur rein digitalen Veranstaltungsform beschlossen werden, wenn eine Mehrheit dem Vorschlag zustimmt. 

Kein Anspruch auf digitale Durchführung 

Vereine sind nicht verpflichtet, eine digitale Teilnahme an Mitgliederversammlungen zu ermöglichen oder die Versammlungen in Zukunft nur noch virtuell abzuhalten. Beides sind „kann“-Bestimmungen.

Einzelne Mitglieder haben also keinen Anspruch auf diese Durchführungsform oder auf eine digitale Teilnahmemöglichkeit.  

Gilt auch für Vorstandsbeschlüsse und Stiftungsvorstände 

Der § 32 BGB, der Mitgliederversammlungen regelt, gilt auch für die Beschlussfassung im Vereinsvorstand, wenn dieser aus mehreren Personen besteht. Die Gesetzesänderungen erlaubt damit auch hybride und rein digitale Sitzungen und Beschlüsse des Vorstands.

Das Gleiche gilt zudem für Stiftungsvorstände, falls keine anderslautenden Regeln in ihrer Satzung stehen. 

Welche Anforderungen gelten für die virtuelle Durchführung? 

Zunächst einmal ist es Sache des Vorstands, darauf zu achten, dass alle Mitglieder digital teilnehmen können und das virtuelle Meeting störungsfrei abläuft. Er muss bei der Einladung angeben, „wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können“. Weitere Vorgaben, zum Beispiel zu technischen Plattformen, gibt es nicht. 

  • Das Gesetz spricht nur davon, dass die Mitglieder dabei „im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben“.  
  • Das lässt diverse Möglichkeiten offen: Videokonferenzen mit Apps wie Microsoft Teams, Zoom, Skype oder FaceTime, reine Telefonkonferenzen, Chat-basierte Meetings, die Abstimmung über Projekttools oder sogar per E-Mail. 
  • Nähere Einschränkungen fehlen. Vielleicht werden die Gerichte hier noch genauere Anforderungen festlegen. 

Diese Unbestimmtheit lässt viele Freiheiten, sie kann jedoch zum Problem werden. Zur Teilnahme gehört schließlich die Möglichkeit, sich zu Wort zu melden, Anträge zu stellen und sich an Diskussionen und Abstimmungen zu beteiligen. Das müssen Technik und Organisation bei virtuellen Versammlungen ebenfalls gewährleisten. Außerdem haben die Teilnehmer*innen einen Anspruch auf Schutz vor Manipulationen, etwa der Vorstandswahlen, auf IT-Sicherheit und auf Datenschutz. 

Mögliche digitale Stolpersteine 

Mitglieder können die Ergebnisse digitaler Versammlungen anfechten, wenn sie sich auf Benachteiligungen oder Unregelmäßigkeiten berufen. Szenarien dafür kann man sich leicht vorstellen:  

  • die virtuelle Teilnahme erfordert Software oder Hardware, über die viele Mitglieder nicht verfügen 
  • die technische Plattform ermöglicht auch Nichtmitgliedern, bei der Vorstandswahl mit abzustimmen, wenn sie den Link zu dem Meeting haben 
  • es gibt keine Kontrolle darüber, wer sich zuschaltet oder wer bei der Abstimmung wirklich hinter den ausgeschalteten Kameras sitzt 
  • das Conferencing-Tool bricht laufend zusammen, so dass nicht alle Mitglieder ihre Meinung äußern können und möglicherweise nicht alle Stimmen gezählt werden 
  • bei einer hybriden Versammlung übernehmen physisch Anwesende in der Diskussion laufend das Wort, die rein virtuell präsenten Vereinsmitglieder können sich nicht angemessen äußern 

Man kann damit rechnen, dass solche Konflikte bald die Gerichte beschäftigen.  

Digitale Mitgliederversammlung: keine unbestimmten Regelungen 

Bisher gibt es noch nicht viel Rechtsprechung zu virtuellen Mitgliederversammlungen. Allerdings hat das Oberlandesgericht Hamm bereits entschieden, dass die Regelungen für digitale Mitgliederversammlungen nicht zu unbestimmt sein dürfen.

Das Urteil bezog sich noch auf die alte Rechtslage: Ein Verein hatte die Versammlung „im Wege elektronischer Kommunikation und ohne Anwesenheit an einem Versammlungsort“ durch eine Satzungsklausel vorgesehen. Das war nach Ansicht des Gerichts zu allgemein und deshalb unzulässig. 

  • Zumindest der „grundsätzliche Durchführungsweg einer virtuellen Mitgliederversammlung“ müsse festgelegt werden. Dem Oberlandesgericht fehlte eine Festlegung dazu, ob alle Mitglieder gleichzeitig virtuell anwesend sein sollten, oder ob eine Beteiligung zu unterschiedlichen Zeiten und ohne direkte Diskussion ausreichte. 
  • Außerdem müsse gewährleistet sein, dass bei einer Mischform virtuell anwesende Mitglieder gleichermaßen die Mitgliederversammlung verfolgen, Fragen und Anträge stellen und sich an Abstimmungen beteiligen könnten. 

Diese Mindestanforderungen dürften auch dann gelten, wenn nun nach neuer Rechtslage der Vereinsvorstand oder die Mitgliedsversammlung die Regelungen bestimmt: Die Regelung sollte den Ablauf klar machen und die gleichberechtigte Teilnahme der virtuell Anwesenden sicherstellen.

Mitgliederversammlung in Präsenz, virtuell oder als Mischform? Am besten ist eine pragmatische Regelung 

Wenn ihr überlegt, welche Form der Mitgliederversammlung ihr für euren Verein wählt und wie ihr die Entscheidung festschreibt, sind vielleicht folgende 5 Punkte hilfreich: 

  1. Wenn eure Mitglieder weit verteilt wohnen, kann die Neuerung die Beteiligung an den Jahresversammlungen deutlich erhöhen. Die virtuelle Veranstaltungsform erfordert jedoch gute Vorbereitung und funktionierende Abläufe. Das sollte man nicht unterschätzen. 
  2. Treffen virtuelle Teilnahmemöglichkeiten intern auf großen Widerstand, kann das zur Anfechtung von Beschlüssen und Wahlen führen. Deshalb lohnt sich eine Bestandsaufnahme: Wie gut kommt die digitale Versammlungsform bei euren Mitgliedern an? Stehen manche von ihnen dabei vor größeren Hürden? 
  3. Die Hybridvariante benötigt weder einen Mitgliederbeschluss noch eine Satzungsregelung. Trotzdem hängt für das Gelingen viel davon ab, dass euer Vorstand die Mitglieder so früh und so umfassend wie möglich ins Boot holt. Die Pflicht, sie über die Teilnahmemöglichkeiten zu informieren und sie bei Fragen zu unterstützen, ergibt sich nicht nur aus dem Gesetz. Gute Kommunikation entscheidet auch über den Erfolg der digitalen Mitgliederversammlung. 
  4. Eine Satzungsänderung bedeutet Aufwand. Die Mitgliederversammlung ist jedoch weit mehr eine Formalie: Es geht um das wichtigste Organ eures Verein. Deshalb kann es sinnvoll sein, die genauen Vorgaben für die Versammlung in der Satzung unterzubringen. 
  5. Die sozialen Aspekte sollte man nicht unterschätzen. Corona hat gezeigt, dass Online-Meetings eine ganz andere Dynamik haben als Präsenz-Treffen. Das gilt auch im Vereinskontext. Unter Umständen bekommt die Sitzungsleitung im digitalen Rahmen zusätzlichen Einfluss. Aussprachen können weniger lebendig, Diskussionen unübersichtlicher und die Veranstaltung als Ganzes möglicherweise anstrengender werden. Diese Möglichkeiten solltet ihr mit bedenken.  

All das sind keine Argumente gegen Mitgliederversammlungen, in denen sich auch Mitglieder von anderen Orten aus einbringen können. Im Gegenteil: Digitale Teilnahmemöglichkeiten können breitere Mitwirkungsmöglichkeiten schaffen und so die Demokratie im Verein fördern. Schlecht vorbereitete virtuelle Versammlungen bewirken jedoch garantiert das Gegenteil. 

Wie kam es zu der Neuregelung? 

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das die Grundzüge des Vereinsrechts in Deutschland regelt, wurde ursprünglich noch von Kaiser Wilhelm II. ausgefertigt. Damals gab es noch keine Alternativen zu direkten Treffen. Deshalb sah das BGB ursprünglich nur Präsenzversammlungen vor. Bis zur Pandemie waren virtuelle Mitgliederversammlungen nur zulässig, wenn die Satzung dies ausdrücklich erlaubte.

Im Lockdown zeigten sich dann Probleme: Vereine durften sich nicht versammeln. Gleichzeitig waren Mitgliederversammlungen unverzichtbar. Manche Vereinssatzungen schreiben dafür feste Termine oder Zeiträume oder zumindest einen festen Turnus vor. Schon aus Gründen einer ordentlichen Geschäftsführung ist zumindest eine Mitgliederversammlung im Jahr unverzichtbar. Ohne ihre Entscheidungen und ohne Vorstandsneuwahlen kann ein Verein führerlos werden.

So wurde im März 2020 eine befristete Sonderregelung beschlossen: Vereine durften die Versammlungen auch ohne Satzungsgrundlage virtuell oder hybrid abhalten, oder sie verschieben. Zudem konnten Vereinsvorstände über ihre Amtszeit hinaus den Verein vertreten. All das galt jedoch nur bis zum 31. August 2022. 

Alternative zur Mitgliederversammlung: Schriftliche Beschlussfassung durch alle Mitglieder 

Nach wie vor möglich ist es, Vereinsbeschlüsse schriftlich und ohne Vereinsversammlung herbeizuführen. Sie müssen dann allerdings einstimmig erfolgen – jedes einzelne Mitglied muss seine Zustimmung durch Unterschrift schriftlich bestätigen.

Diese Variante ist in der Regel nur für kleinere Vereine praktikabel, sie kann dort aber selbst für grundlegende Entscheidungen wie etwa die Auflösung oder eine Änderung des Satzungszwecks genutzt werden.