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Tolle Ideen für Angebote und Maßnahmen reichen nicht aus – weder im Non-Profit-Bereich noch im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Denn was, wenn sie bei der Zielgruppe keinen Anklang finden? Prototyping hilft dabei, die Praxistauglichkeit eurer Ideen vor der Umsetzung zu testen.

Regel Nummer eins, wenn ihr ein neues Angebot entwickelt: die Einbeziehung der Zielgruppe. Denn die Zielgruppe allein entscheidet darüber, ob überhaupt ein Bedarf besteht. Neben einer Bedarfs- und Umfeldanalyse kann es sehr hilfreich sein, das Angebot mithilfe eines sogenannten Prototypen auszuprobieren. Wenn es mit dem Prototypen in der Testphase gut läuft, könnt ihr im Anschluss richtig durchstarten. Diese Vorgehensweise erhöht nicht nur die Erfolgsaussichten bei der Zielgruppe, sondern auch die Chance auf eine Förderung.

Die meisten kennen Prototypen als Begriff wahrscheinlich aus dem Produktbereich. Werden etwa neue Autos entwickelt, arbeitet die Entwicklungsabteilung der Autohersteller zunächst mit einem Prototyp. Das ist ein Testfahrzeug, das technisch und in der Wirkung auf potenzielle Kund*innen zunächst getestet wird, bevor es in Serie geht. Prototypen lassen sich allerdings nicht nur für Produkte entwickeln. Ihr könnt auch Dienstleistungen oder andere Angebote mit dem Prototyping testen.

Praxisbeispiel: Zusatzangebot eines Sportvereins

Im Folgenden seht ihr anhand eines Praxisbeispiels, wie Prototyping funktionieren kann.

Stellt euch vor, ihr betreibt einen Sportverein und wollt eure Tätigkeiten im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (wGB) ausweiten. Der wGB umfasst Einkünfte, die wie in einem ganz normalen Wirtschaftsbetrieb nicht steuerfrei sind. Ziel solcher Einnahmen ist es, damit den Verein auf ein solides finanzielles Fundament zu stellen. Dabei dürfen weder Einnahmen im Übermaß generiert, noch Verluste geschrieben werden, ohne den Status der Gemeinnützigkeit zu gefährden.

Der Sportverein möchte in Kooperation mit einem Sportgerätehersteller elastische Bänder und Gewichte für das Heimtraining an Besucher seiner Veranstaltungen verkaufen. Außerdem soll die Sporthalle stundenweise an Nichtmitglieder vermietet werden. Auch könnten den Mieter*innen kleine Speisen und Getränke angeboten werden.

Die große Frage ist:
Besteht überhaupt Interesse an diesen Artikeln und Angeboten?

Erster Schritt: Ideenfindung und Vorbereitung

Bei euch sprudeln die Ideen? Dann geht es jetzt darum, sie zu strukturieren.

Setzt euch in der Gruppe zusammen und sammelt zunächst einmal Inspirationen und kreative Ansätze. Diese können erst einmal ungeordnet auf einem Whiteboard oder einer großen Schreibunterlage notiert werden. In einem ersten Filterdurchgang verabschiedet ihr euch von Ideen, die auf den ersten Blick nicht realisierbar sind und habt dann im Idealfall noch vier bis fünf Punkte übrig.

Im Falle des Sportvereins könnten folgende Maßnahmen geplant sein:

  • stundenweise Vermietung der Sporthalle
  • an 3 Abenden in der Woche Snacks und Getränke verkaufen
  • Trainingshandtücher und Gymnastikbänder zum Kauf anbieten

Die Vermietung der Sporthalle ist aber zunächst eine sehr allgemeine Idee. Es gibt noch viele Fragen zu klären, zum Beispiel:

  1. Wann kann die Halle vermietet werden, ohne dass die Vereinsaktivitäten gestört werden?
  2. Wer könnte sich in diesen Zeiträumen für die Halle interessieren?
  3. Für welche sportlichen Aktivitäten eignet sich die Halle?
  4. Wer soll konkret mit dem Mietangebot angesprochen werden?

Auch was die Zusatzangebote angeht, ist nicht klar, ob sich die potenziellen Mieter*innen der Sporthalle dafür interessieren.

Es wird spezifischer: Visualisierungen und Rollenspiele

Um in die Nähe von Prototypen zu kommen, wird es im Sportverein jetzt spezifischer. Versetzt euch in die Rolle potenzieller Mieter*innen: Wer in eurer Stadt interessiert sich dafür, an mehreren Abenden in der Woche eure Halle zu mieten?

Ihr wisst beispielsweise, dass es bei euch am Ort verschiedene kleine Gruppen gibt, die sich mit modern Dance beschäftigen. Einer von euch kennt einige Leute, die öfter nach Räumen für ihr regelmäßiges Training suchen. Außerdem wisst ihr, dass es in der näheren Nachbarschaft keine Möglichkeit gibt, Badminton zu spielen. Auch hier gibt es Interessierte, denen keine Sportstätte zur Verfügung steht.

Dessen eingedenk, stellt euch folgende Fragen: Welche Zeiträume könnten für diese Personen interessant sein? Wie viel würden sie für die Miete der Sporthalle bezahlen? Wären sie an zusätzlichen Angeboten interessiert?

Indem ihr die Situation visualisiert, könnt ihr auch die emotionalen Aspekte eines solchen Angebotes besser nachvollziehen. Wo kommt ihr zukünftigen Mieter*innen mit eurem Angebot besonders entgegen, was macht es attraktiv?

Wenn ihr die Ergebnisse eurer Überlegungen und Rollenspiele sorgfältig notiert, werden sich die tragfähigen Ideen schnell herauskristallisieren.

Angenommen, als Sportverein-Betreiber*innen seid ihr zu folgender Erkenntnis gelangt:

  • Das Angebot an die Badminton-Freund*innen erscheint euch besonders erfolgversprechend.
  • Erst in zweiter Linie möchtet ihr die Modern-Dance-Gruppen ansprechen.
  • Ihr könnt euch vorstellen, dass die Badminton-Freund*innen auf Speisen, Getränke und zusätzlich angebotene Artikel ansprechen.

Ihr kommt jetzt dem Prototypen für eure konkreten Angebote näher.

Ein konkretes Modell erstellen

Nun geht es darum, ein Ablaufmodell anzufertigen: Wie könnte ein typischer Abend mit vermieteter Sporthalle einschließlich Zusatzangeboten aussehen?

Dabei setzt ihr euch auch konkreter mit den Vorbereitungen auseinander, die in diesem Zusammenhang auf euch zukommen:

  • Für die Vermietung an die Badminton-Spieler*innen müsst ihr im Vorfeld Spielflächen abteilen.
  • Ihr stellt isotonische Getränke, Eiweißriegel und Mikrofaser-Sporthandtücher zum Verkauf bereit.
  • Ihr könntet eure Sporthalle zum Beispiel an zwei Abenden und am späten Sonntagnachmittag für drei bis vier Stunden an Badminton-Spieler*innen vermieten.

Tipp: Stellt an diesem Punkt am besten auch schon eine konkrete Kalkulation über die geplanten Kosten auf. Wollt ihr etwas verkaufen, müsst ihr zunächst in den Einkauf investieren. Auch geht es darum, Preise für eure Kaufangebote festzulegen. In unserem Beispiel würdet ihr die Mietkosten für die Halle ebenfalls ins Prototyping einbeziehen.

Praxistest: den Prototypen erproben und auswerten

Ihr habt mittlerweile die Badminton-Freund*innen kontaktiert: Für zwei Monate bietet ihr ihnen in einer Testphase eure Sporthalle zur Miete an den Sonntagsterminen an. Die Sportler*innen nehmen euer Angebot in Anspruch. Für diese Termine habt ihr auch Teile eures Zusatzangebots vorbereitet und wartet die Resonanz ab.

Es stellt sich am Ende heraus, dass die Badminton-Spieler*innen eure Sporthalle über einen längeren Zeitraum hinweg immer sonntags mieten möchten. Außerdem entscheiden sie sich auch für einen der Abendtermine unter der Woche. Der Prototyp des Zusatzangebots wird noch nicht so angenommen, wie ihr euch das vorgestellt hat.

Ihr belasst es deshalb zunächst bei der Vermietung der Sporthalle. Hier konntet ihr einen Mietvertrag für zunächst ein Jahr vereinbaren. Damit nutzt ihr eure Sporthalle auch in Zeiten, in denen der Verein sie nicht auslastet. Außerdem generiert ihr im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zusätzliche Einnahmen.

Prototyping fördert die Kreativität

Strukturiertes Prototyping lohnt sich, denn damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ihr mit neuen Angeboten und Maßnahmen am Ende Erfolg haben werdet. Angebote zu entwickeln ist kein Hexenwerk, sondern ein Verfahren, das ihr in eurer Organisation etablieren könnt. Außerdem könnt ihr so spielerisch neue Ideen austesten, ohne damit allzu viel zu riskieren. Das fördert die Kreativität und den Mut, Neues auszuprobieren!