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Menschen, die im sozialen Sektor arbeiten, verfolgen grundsätzlich das Ziel, anderen zu helfen. Oft stellen sie dabei die eigenen Bedürfnisse und persönlichen Grenzen hinten an. Um mentale Folgen wie Stress, Burnout oder andere fundamentale Krisen zu vermeiden, ist es deshalb umso wichtiger, die mentale Gesundheit aller Teammitglieder im Blick zu haben. David Klewes vom Startup Soulbottle weiß, wie das funktioniert.

Tipp 1: Schafft eine Atmosphäre für Authentizität und vertrauensvollen Austausch im Team 

Die eigene Persönlichkeit morgens im Büro mit der Jacke an den Kleiderhaken hängen, um frei von persönlichen Befindlichkeiten effektiv zu arbeiten? Besser nicht! Wir alle sind Menschen mit Gefühlen und Bedürfnissen, die auch bei der Arbeit nicht zurückgehalten werden sollten. Um vertrauensvoll und entspannt miteinander zu arbeiten, solltet ihr es deshalb zur Norm machen, untereinander zu kommunizieren, wie es euch geht:

  • Wie bin ich heute aufgestanden?
  •  Was bereitet mir Sorgen?
  • Was hindert mich daran, bestimmte Aufgaben zu erledigen?

Durch einen steigenden Selbstkontakt wächst auch die Empathie zu anderen Teammitgliedern. Mit dem gegenseitigen (An)Vertrauen und der Transparenz eurer Gefühle und Bedürfnisse praktiziert ihr eine authentische Kommunikation als Grundlage für ein stressfreies Arbeiten.   

Tipp 2: Beugt Konflikten vor und geht sie an, wenn sie bereits bestehen 

Habt ihr das Gefühl, dass Unstimmigkeiten in der Luft liegen? Dann sprecht sie an! Ein kurzes, direktes Krisengespräch ist effizienter als eine langwierige Krise, die folgt, wenn Dinge unausgesprochen im Raum stehen bleiben. Wenn ihr bereits einen konkreten Konflikt erkennt, betrachtet diesen als Lernchance. Es ist nie zu spät, sich mit einem Konflikt zu beschäftigen.

Schaut bewusst hin: Was steckt dahinter dem Konflikt? Was ist der Kern? Wo liegt die Ursache? So könnt ihr Konflikte nachhaltig lösen, statt nur die Symptome zu bekämpfen. Dabei kann euch die Methode helfen, die wir im nächsten Tipp vorstellen.

Tipp 3: Kommuniziert gewaltfrei 

Eine Methode, um auch in schwierigen Situationen wertschätzend miteinander zu kommunizieren ist die sogenannte gewaltfreie Kommunikation. “Miteinander statt gegeneinander” lautet das Motto, das mit Hilfe eines vierstufigen Modells gelebt werden kann. Alle Äußerungen erfolgen dabei aus der Ich-Perspektive.

  1. Versucht, den Konflikt aus einer Vogelperspektive zu betrachten: Was könnt ihr sehen? 
    z. B. “Ich beobachte, dass wir diese Aufgabe aktuell nicht gemeinsam meistern können.”
  2. Äußert die Gefühle, die die Situation bei euch auslöst. 
    z. B. “Das frustriert mich.”
  3. Formuliert eure Bedürfnisse, die bisher nicht erfüllt wurden. Was braucht ihr? 
    z. B. “Ich bräuchte deine volle Konzentration und regelmäßiges Brainstorming, um produktiv zu arbeiten.”
  4. Formuliert das, was ihr von eurem Gegenüber benötigt als Wunsch. 
    z. B. “Ich wünsche mir von dir, dass du dir die Zeit fürs gemeinsame Brainstorming nimmst und versuchst, mit mir fokussiert am Ball zu bleiben.”

Mehr zum Thema gewaltfreie Kommunikation findet ihr hier. 

Tipp 4: Setzt den Fokus in eurer Organisation nach innen statt nach außen

Mitarbeitende in Non-Profits verfolgen alle ein gemeinsames Ziel: in irgendeiner Form die Welt zu verbessern. Mit diesem Fokus auf das Außen gerät leider häufig das Innere der Organisation aus dem Blick – zum Beispiel die eigenen Arbeitsstrukturen und Prozesse. Euch fehlen für die Beschäftigung mit eurer eigenen Arbeitskultur die Ressourcen? Dann solltet ihr eure Prioritäten anders setzen.’

Legt für eure Arbeit realistische Grenzen fest und haltet diese auch ein. Den Zeitpunkt, an dem es nichts mehr zu tun gibt, wird es sowieso nie geben. Falls ihr merkt, dass ihr gerade doch über eure eigenen Grenzen hinweg arbeitet, ruft euch folgenden Satz ins Bewusstsein: Was nützt es all den Menschen, denen geholfen werden will, wenn die Helfenden irgendwann nichts mehr tun können? 

Tipp 5: Schafft situations- und bedürfnisorientierte Rollen 

Gewiss übernehmen bestimmte Personen in eurem Team bereits klassische Rollen wie die Verantwortlichkeit für das Personal, die Buchhaltung oder die Organisationsentwicklung. Um die mentale Gesundheit aller Teammitglieder im Blick zu behalten, legen wir euch ans Herz, euren Bedürfnissen entsprechend neue Rollen zu erschaffen.

Ein*e Beauftragte*r für Empathie beispielsweise trägt die Verantwortung und hat die Befugnis, sowohl aktiv auf Teammitglieder zuzugehen als auch als Ansprechperson da zu sein, wenn jemandem etwas auf dem Herzen liegt. Oder wie wäre es mit einem Mr. Feelgood, der regelmäßig nette Komplimente verteilt?

Manchmal kann auch eine Mrs. Clearity helfen, die einfach mal alle Probleme mal auf den Tisch legt. Fühlt euch frei, neue Rollen zu erfinden, wenn ihr sie braucht. Und auch hier gilt: Keine Ausreden! Die Ressourcen, die ihr in die Definition und Verteilung von Rollen steckt, sind gut investiert. Die neuen Rollen werden zum integralen Bestandteil eurer Arbeit, verhelfen euch zu noch mehr Produktivität und vermeiden präventiv Konflikte. 

Tipp 6: Sorgt für persönlichen Austausch – auch in digitalen Räumen

Kolleg*innen anzumerken, dass es ihnen nicht gut geht, ist vor allem in digitalen Räumen eine schwierige Angelegenheit. Auch sehr emphatische Personen können über die Videokacheln nur partiell die Körpersprache und Gemütszustände der anderen wahrnehmen. Darüber hinaus sind digitale Räume oft ausschließlich auf die inhaltliche Arbeit ausgerichtet und bieten wenig Raum für persönlichen Austausch.

Doch das könnt ihr ändern! Schafft in eurer Arbeitszeit persönliche digitale Räume fürs Kaffee trinken, Feiern, Bedauern oder Konflikte lösen und betrachtet diese Zeit als wertvollen Bestandteil eurer Arbeit. Tipps und Ideen dazu findet ihr hier. Und wann immer es die Umstände zulassen, trefft euch in Person, um eure sozialen Akkus aufzuladen.

Tipp 7: Erkennt ein ausgebranntes Teammitglied und helft

Um besser einschätzen zu können, ob ein Teammitglied kurz vorm Burnout steht, könnt ihr euch an folgenden Anzeichen orientieren. Die Person …

  1. ist oft krank
  2. wirkt verbissen, zieht sich zurück und ist wenig bis gar nicht in sozialem Austausch
  3. arbeitet immer mehr und kommt dabei nicht voran

Treten diese Fälle ein, gibt es leider kein universales Hilfs -oder Heilmittel. Wichtig ist, auf den Menschen zuzugehen und ihn offen anzusprechen: “Bist du traurig? Bist du überarbeitet? Ich mache mir Sorgen um dich.”

Steckt ein*e Kolleg*in mitten in der Phase, in der sie oder er bereits auf ein Burnout zusteuert, ist es besonders schwierig, eine Entlastung anzubieten. Oft wollen Personen in diesem Zustand schlichtweg nicht entlastet werden. Dann ist es hilfreich, wenn ein*e Kolleg*in mit Verantwortungsmandat die betroffene Person auf ihr Leiden anspricht und Anweisungen erteilt.

Sätze wie “Du darfst in diesem Zustand nicht weiterarbeiten und kommst erst zurück, wenn es dir besser geht” können eine Wirkung zeigen. Aber bitte beachtet: Auch die hier Verantwortlichen müssen sich ihrer eigenen Grenzen bewusst sein. Bietet bitte keine Gesprächstherapien an, wenn ihr dafür nicht ausgebildet seid, sondern vermittelt die betroffene Person an die jeweiligen Spezialisten*innen. 

Unser Take-away: Eure Gesundheit geht immer vor! 

Eure mentale Gesundheit ist viel wichtiger als euch für den sozialen Zweck zu überarbeiten. Der nachhaltigere Weg ist der beständige Blick ins Innere – auf Individual-, Team- und Organisationsebene. Wenn ihr auf euch und eure Arbeitskultur achtet, werdet ihr auf dem Weg nicht ausbrennen und könnt so für euren sozialen Zweck noch mehr bewirken.  

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