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Eine gemeinnützige Organisation kann bei der Umsatzsteuer leicht Fehler begehen. Dieser Artikel räumt mit einigen irrigen Annahmen auf.

Ganz kurz: Umsatzsteuer 

Die Umsatzsteuer, oft auch Mehrwertsteuer genannt, hat der Staat sich ausgedacht, um an Geschäften mit Endverbraucher*innen mitzuverdienen. Umsatzsteuerpflicht bedeutet: Hersteller*innen, Händler*innen und Dienstleister*innen schlagen auf den Nettobetrag von dem, was sie verkaufen, die Umsatzsteuer auf. Das ergibt den Bruttopreis, den Kund*innen bezahlen. Den Umsatzsteueranteil führen die Verkäufer*innen ans Finanzamt ab.

Hersteller*innen, Händler*innen und Dienstleister*innen bekommen die Umsatzsteueranteile, die sie auf diese Art selbst an Lieferant*innen bezahlen, vom Finanzamt erstattet. In der Praxis wird diese Vorsteuer mit der Umsatzsteuer verrechnet, die sie von den eigenen Kund*innen einnehmen. So wird die Umsatzsteuer die Lieferkette entlang weitergegeben bis zu den Verbraucher*innen, die die Umsatzsteuer dann tatsächlich bezahlen.  

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Falsch: “Umsatzsteuer geht nur Unternehmen etwas an”

Das Thema Umsatzsteuer betrifft auch Non-Profits. Denn grundsätzlich müssen sie genau wie Verbraucher*innen Umsatzsteuer bezahlen, wenn sie etwas bestellen oder kaufen. Außerdem können sie in manchen Fällen “Unternehmer*innen” im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein: Dann müssen sie auf den Preis von “Lieferungen oder Leistungen”, die die Non-Profit erbringt, selbst Umsatzsteuer aufschlagen und ans Finanzamt abführen. Falsch ist übrigens auch die Behauptung, Umsatzsteuer könne nur anfallen, wenn das Non-Profit Gewinne erzielt oder große Einnahmen hat.

Das Steuerrecht teilt gemeinnützige Organisationen in vier unterschiedliche Bereiche auf. Jede Einnahme und jede Ausgabe muss einem dieser Bereiche zugeordnet werden. Nicht jeder davon ist bei jeder Non-Profit vorhanden. Für die Bereiche gelten jeweils eigene steuerliche Regeln, auch bei der Umsatzsteuer.

Anmerkung: In den folgenden Beispielen gehen wir von gemeinnützigen Vereinen aus. Die Bereiche gelten aber auch für eine gemeinnützige Stiftung oder eine gGmbH

  1. Der ideelle Bereich ist nicht unternehmerisch. Er umfasst alles, was direkt mit dem gemeinnützigen Zweck zu tun hat und keinen Leistungsaustausch umfasst. Hier fällt keine Umsatzsteuer an. Typische Einnahmen im ideellen Bereich sind Mitgliederbeiträge, Spenden oder Förderzuschüsse für den Verein als Ganzes (also nicht zur Verwirklichung bestimmter Projekte). Auf sie muss der Verein oder die Stiftung keine Umsatzsteuer bezahlen.

    Typische Ausgaben sind die Vereinsverwaltungssoftware für die Geschäftsstelle, eine Haftpflichtversicherung oder Reparaturkosten für die Sportgeräte oder andere Vereinsutensilien. Wenn darauf Umsatzsteuer anfällt, kann der Verein sich den Umsatzsteueranteil vom Finanzamt nicht als Vorsteuer erstatten lassen.  
  2. Die Vermögensverwaltung als zweiter Bereich unterliegt der Umsatzsteuer, und zwar dem ermäßigten Satz von sieben Prozent. Sie umfasst zum Beispiel den Umgang mit Kontenguthaben oder dem Immobilieneigentum des Vereins. Typische Einnahmen sind Mieteinnahmen, das Geld aus der Verpachtung von Werbeflächen oder Zinseinnahmen. Wenn Werbeflächen bereitgestellt werden, fällt darauf grundsätzlich sieben Prozent Umsatzsteuer an.

    Typische Ausgaben sind Handwerkerkosten für Arbeiten an einem vereinseigenen Gebäude. Die Vorsteuer kann der Verein geltend machen, wenn er nicht generell umsatzsteuerbefreit ist (dazu mehr unten).  
  3. Für Zweckbetriebe, den dritten Bereich, gilt wie bei der Vermögensverwaltung Umsatzsteuerpflicht zum ermäßigten Satz von sieben Prozent. Zweckbetriebe sind Geschäftsbetriebe, die dem Satzungszweck dienen. Bei einem Musikverein ist die Konzertveranstaltung beispielsweise ein solcher Zweckbetrieb. Weitere typische Zweckbetriebe sind im Gesetz aufgelistet (§ 68 Abgabenordnung). Unter anderem fallen in diese Kategorie Pflegeheime, Kindergärten, Einrichtungen für Geflüchtete, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, Museen, Theater- und Konzertbetriebe.

    Ohne Umsatzsteuerbefreiung muss der Musikverein auf den Preis der Eintrittskarten sieben Prozent Umsatzsteuer aufschlagen. Setzt er für das Konzert eine externe, selbstständige Beleuchterin ein, kann er die Umsatzsteuer, das sie in ihrer Rechnung ausweist, als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen.  
  4. Für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe als vierten Bereich gelten dieselben Regeln wie für ein kommerzielles Unternehmen. Ein Beispiel ist der Barbetrieb, den unser Musikverein zu seinen Konzertabenden organisiert. Auf den Nettopreis der an Konzertbesucher*innen verkauften Getränke muss er die volle Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent aufgeschlagen. Umgekehrt kann er die Umsatzsteuer auf die zur Veranstaltung eingekauften Wein-, Bier- und Sektvorräte als Vorsteuer vom Finanzamt erstatten bekommen.

    Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist jeder unternehmensartige Betrieb, der dem Verein gehört und nicht von seinem gemeinnützigen Zweck gedeckt ist. Das reicht vom sonntäglichen Bratwurstverkauf am Spielfeldrand bis hin zum in eine kommerzielle Aktiengesellschaft ausgelagerten Profi-Spielbetrieb eines Bundesliga-Vereins mit Millionenbudget. 

Fazit: Schaut euch eure Einnahmen genau an. Das Thema Umsatzsteuer spielt für eure Non-Profit nur dann keine Rolle, wenn ihr weder mit der Vermögensverwaltung noch mit einem Zweckbetrieb oder einem Geschäftsbetrieb Einnahmen erzielt und ausschließlich im ideellen Bereich Geld erhaltet, etwa in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Fragt eine Steuerberater*in, die sich mit Non-Profits auskennt, wenn ihr nicht wisst, in welchen Bereich bestimmte Einnahmen fallen.  

Falsch: “Umsatzsteuer fällt nur an, wenn man etwas verkauft und dafür Geld einnimmt” 

Das Umsatzsteuerrecht legt fest, dass “Lieferungen und Leistungen” grundsätzlich dann “steuerbar” sind, wenn eine Gegenleistung erfolgt. Etwas verständlicher ausgedrückt: Sobald eine Gegenleistung erbracht wird, kann Umsatzsteuer fällig werden. Das gilt auch dann, wenn Dienstleistungen oder Waren getauscht werden, ohne dass Geld fließt. Dieser Umstand wird oft übersehen.

Zwei Beispiele: 

  • Die gemeinnützige Geflüchteten-Organisation leiht ihren Transporter regelmäßig einem Verein für Naturschutzprojekte aus. Sie darf dafür ohne Bezahlung dessen Räume für ihr Theaterprojekt nutzen. Beiden Non-Profits ist nicht klar, dass ihre Leistungen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sind, da Leistungen gegen Gegenleistungen erbracht werden. Grundsätzlich müssen beide Seiten den Wert der Fahrzeugüberlassung bzw. der Raummiete ermitteln und darauf sieben Prozent als Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen.  
  • Der Naturschutzverein erhält von der Stadtverwaltung einen größeren Betrag, mit dem er für die Kommune eine Sommernaturwoche organisiert. Der Verein hält das für umsatzsteuerfreie Fördermittel. Das Finanzamt verlangt jedoch Umsatzsteuer, denn der Verein sagt der Stadt im “Fördervertrag” die Ausrichtung der Veranstaltungen und damit eine Gegenleistung zu. Die Durchführung solcher kommunaler Events ist nicht vom Vereinszweck gedeckt. Deshalb verlangt das Finanzamt Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent des Betrags. 

Fazit: Immer, wenn Gegenleistungen erbracht werden, solltet ihr die Möglichkeit einer Umsatzsteuerpflicht prüfen oder prüfen lassen. Das gilt ganz besonders, wenn es sich möglicherweise um “unechte Förderzuschüsse” handelt, die ihr nicht nach eigener Entscheidung für eure gemeinnützigen Zwecke verwenden könnt, sondern mit denen ihr im Gegenzug zur Bereitstellung etwas Bestimmtes tun müsst. 

Wichtig: Auch Non-Profits können die Kleinunternehmerregelung nutzen 

Für Selbstständige und Unternehmen mit begrenzten Umsätzen ermöglicht § 19 Umsatzsteuergesetz die Befreiung von der Umsatzsteuer. Voraussetzung ist, dass sie im Kalenderjahr zuvor maximal 22.000 Euro Umsatz gemacht haben, und der Umsatz im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro betragen wird.

Diese Regelung können auch Non-Profits nutzen. In diesem Fall müssen sie auf ihre eigenen Rechnungsbeträge bzw. Preise keine Umsatzsteuer aufschlagen, auch nicht im Zweckbetrieb, wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder in der Vermögensverwaltung. Umgekehrt dürfen sie keine Vorsteuer geltend machen: Sie können sich die Umsatzsteueranteile, die sie selbst an Lieferant*innen und Dienstleistende bezahlen, nicht vom Finanzamt erstatten lassen oder sie mit ihrer Umsatzsteuerschuld verrechnen.

Der Vorteil der Kleinunternehmerregelung: Die Preise der eigenen Waren und Dienstleistungen fallen geringer aus, da nur Nettopreise berechnet werden müssen. Getränke und Konzertkarten unseres Musikvereins sind für die Konzertbesucher*innen also etwas günstiger.

Der Nachteil: Der Verein bleibt auf der Umsatzsteuer, die die Beleuchterin verlangt, sitzen. Gleiches gilt beispielsweise für die Umsatzsteuer von Handwerker*innen. Baut der Verein seine Vereinsräume um, kann es sinnvoll sein, dass er gegenüber dem Finanzamt “umsatzsteuerpflichtig optiert”. Das bedeutet: Er ist umsatzsteuerpflichtig, obwohl er die Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung erfüllt. Da er die Vorsteuer verrechnen kann, muss er für die Bauleistungen nur den Nettopreis aufwenden. An die Umsatzsteuerpflicht ist er dann allerdings fünf Jahre lang gebunden.

Übrigens: Wenn eure Non-Profit unter die Kleinunternehmerregelung fällt, auf den Rechnungen oder Quittungen aber irrtümlich “19 Prozent Umsatzsteuer” ausweist, dann schuldet ihr diesen Betrag dem Finanzamt auch. 

Fazit: Ob ihr besser mit oder ohne Umsatzsteuer fahrt, hängt davon ab, wie viele Ausgaben ihr habt und wie bzw. von wem ihr Geld einnehmt. Auch in dieser Beziehung ist Beratung sinnvoll. Eine falsche Entscheidung kann euch viel Geld kosten. 

Wichtig: Bestimmte Non-Profits können Umsatzsteuerfreiheit beantragen 

Der § 4 Umsatzsteuergesetz nimmt eine lange Liste von Umsätzen von der Steuerpflicht aus. Dazu gehören unter anderem: 

  •  “Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst”, wenn diese einen Antrag an die zuständige Landesbehörde stellen, das umfasst auch Non-Profits mit kulturellem Satzungszweck (§ 4 Nr. 20a UStG) 
  • Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie “unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen” (§ 4 Nr. 20a UStG) 
  • “Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art”, die von Volkshochschulen oder gemeinnützigen Organisationen durchgeführt werden. Gleiches gilt für andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, solange für die Teilnahme nur Teilnehmergebühren anfallen (§ 4 Nr. 22 UStG). 

Das sind nur einige der Umsatzsteuerbefreiungen, die dieser Paragraph vorsieht und die auch Non-Profits betreffen können. Weitere Ausnahmen beziehen sich beispielsweise auf die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, Jugendhilfe-Leistungen, Gesundheitsleistungen und Wiedereingliederungshilfen.

Fazit: Bei Umsatzsteuerbefreiungen für bestimmte Zweck- oder wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steckt der Teufel oft im Detail. Deshalb bleibt auch in diesem Fall nur der Ratschlag: Sucht euch kompetente Beratung. Die ist im Zweifel günstiger als hohe Steuernachforderungen samt Säumniszuschlägen. 

Wichtig: Manchmal beträgt die Umsatzsteuer 7 und manchmal 19 Prozent 

“Wenn man immer 19 Prozent Umsatzsteuer berechnet, ist man auf der sicheren Seite” – dieser Ratschlag, denn man immer wieder einmal hört, ist leider Unsinn. Er ist schon bei Selbstständigen falsch. Für Non-Profits ist er noch weniger angebracht. Schließlich gilt für sie in bestimmten Bereichen grundsätzlich ein Umsatzsteuersatz von sieben Prozent.

Im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist das jedoch anders. Ob dort auf den Verkauf von Waren oder Leistungen (oder den Austausch gegen eine geldwerte Gegenleistung) der … 

  • reguläre Umsatzsteuersatz von 19 Prozent
  • der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent oder 
  • gar keine Umsatzsteuer, also 0 Prozent  

… anfallen, hängt zum einen davon ab, ob eine Umsatzsteuerbefreiung gilt, etwa gemäß Kleinunternehmerregelung

Und zweitens ist ausschlaggebend, was genau “geliefert oder geleistet” wird. Der reguläre Umsatzsteuersatz liegt bei 19 Prozent. Für manche Dinge und Dienstleistungen ist der Umsatzsteuersatz jedoch auf sieben Prozent ermäßigt, weil der Staat sie fördern will. Das gilt zum Beispiel für: 

  • Grundnahrungsmittel (aber nicht für verarbeitete Produkte) 
  • Speisen in der Gastronomie (das ist eine befristete Ausnahmeregel wegen Corona) 
  • Tampons 
  • kreative Leistungen, auf die Urheberrechte entstehen, wie Fotos, Musik, Texte, Filme etc. 

Fazit: Es gibt zwar eine Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz, die die Gegenstände aus der ermäßigten Kategorie aufzählt. In der Praxis sind damit jedoch längst nicht alle Fragen beantwortet. Zumal die Unterscheidung ja auch bei Dienstleistungen greift. Im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb solltet ihr genau hinschauen, welche Umsatzsteuer ihr verlangt. 

Wie umgehen mit dem Umsatzsteuer-Thema? 

Dieser Beitrag hat am Umsatzsteuerrecht nur oberflächlich gekratzt. So wurde zum Beispiel noch gar nichts zur Umsatzsteuer auf Lieferungen und Leistungen ins Ausland gesagt. Unerwähnt gelassen haben wir außerdem die Rechnungsvorschriften: Ohne ordnungsgemäße Rechnung oder Beleg kein Vorsteuerabzug.

Das Umsatzsteuertema füllt viele Bände an Fachliteratur. Ganze Steuerkanzleien haben sich auf bestimmte Aspekte spezialisiert. Deshalb der wiederholte Tipp: Ihr solltet euch beraten lassen, wenn ihr nicht gerade selbst eine Ausbildung als Steuerfachwirt*in absolviert oder die Steuerberater*innen-Prüfung bestanden habt.

Das gilt jedenfalls dann, wenn es bei euch um beträchtliche Geldbeträge geht. Andererseits lohnt es sich nicht, für den Kuchenverkauf am Sommerfest extra ein Steuerbüro zu mandatieren. In solchen Fällen könnt ihr bei einem Verband um Rat fragen, in dem ihr Mitglied seid, oder euch bei Beratungsstellen schlau machen. Selbst das Finanzamt kann eine Anlaufstelle für Fragen sein. Entscheidend ist, dass ihr das Thema Umsatzsteuer auf dem Schirm habt.