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Kunst kostet – auch in der Vereinsarbeit. Dass auch ein Schützenverein oder der Fußballclub unter Umständen Abgaben an die Künstlersozialkasse zahlen muss, ist vielen Vereinsverantwortlichen nicht bewusst. Die wichtigsten Fakten.

Häufig gibt es ein unschönes Erwachen, wenn die Rentenversicherungen plötzlich Nachzahlungen anmahnen, weil beim Sommerfest Musiker*innen und Clowns auftraten. Denn die Kosten sind nirgends eingepreist und gehen dann häufig zulasten der Rücklagen. Dabei ist es mit der Künstlersozialabgabepflicht in Wirklichkeit nicht sonderlich kompliziert – man muss sie nur auf dem Schirm haben. 

Was ist die Künstlersozialkasse überhaupt?

Die achtziger Jahre haben uns künstlerisch nicht nur Punk, Neonfarben und Synthesizer Pop beschert, sondern auch das “Künstlersozialversicherungsgesetz” (KSVG), das selbstständigen Künstler*innen und Publizist*innen in Deutschland sozialen Schutz in der Renten‑, Kranken- und Pflegeversicherung bietet.

Finanziert wird die Künstlersozialkasse zur Hälfte durch die Beitragszahlungen der versicherten Kreativen. Darüber hinaus steuert der Staat zwanzig Prozent bei und die verbleibenden dreißig Prozent werden über die sogenannte Künstlersozialabgabe finanziert. Das ist quasi der “Arbeitgeber-Anteil”, der von allen Unternehmen erhoben wird, die nicht nur gelegentlich künstlerische und publizistische Leistungen in Anspruch nehmen und verwerten. 

In unserem Beispiel ist das der Anteil, den der Verein leisten muss, denn dazu zählen grundsätzlich auch Vereine, etwa wenn sie zum Vereinsfest Musiker*innen und andere Künstler*innen engagieren, regelmäßig Theaterstücke aufführen oder sich für eine Spendenaktion Flyer und Plakate von einer Grafikdesignerin entwerfen lassen.  

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Künstlersozialabgabe: Wann und wieviel muss der Verein zahlen?

Zunächst mal: Es spielt keine Rolle, ob Künstler*in oder Publizist*in selbst in der Künstlersozialkasse versichert ist. Das vom Verein gezahlte Entgelt (Gage, Honorar etc.) ist grundsätzlich künstlersozialabgabepflichtig.

Ein Verein ist in der Regel von einer Künstlersozialabgabe betroffen, wenn er

  • für seine Zwecke Künstler*innen oder Publizist*innen beauftragt, zum Beispiel indem ein*e Journalist*in Pressearbeit für den Verein leistet, ein Clown die Kinder auf dem Sommerfest unterhält oder die Webdesignerin der Homepage ein ansprechendes Remake verpasst. 
  • selbst zum Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen gehört. Dazu zählen generell alle Vereine, die durch ihre Organisation, besondere Branchenkenntnisse oder spezielles Know-how den Absatz künstlerischer oder publizistischer Leistungen am Markt fördern oder ermöglichen. “Verwertende Unternehmen” im Sinne des KSVG sind zum Beispiel Verlage, Theater, Chöre und Orchester, Galerien, Varietés, Rundfunkanstalten, Museen und viele mehr.

In Zweifelsfällen oder bei Besonderheiten, wenn ihr also nicht sicher seid, ob euer Verein künstlersozialabgabepflichtig ist, wendet euch am besten direkt an die KSK. Diese prüft auf Grundlage eines Anmelde- und Erhebungsbogen den Sachverhalt und teilt euch das Ergebnis schriftlich mit. In der Regel reicht ihr die ausgefüllten und unterschriebenen Unterlagen mit einer Kopie des Vereinsregistereintrags ein.

Künstlersozialkasse: Höhe der Abgabe

Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe für den Verein sind alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler*innen und Publizist*innen gezahlten Entgelte ohne Umsatzsteuer, von denen ein bestimmter Prozentsatz erhoben wird.

Dieser Prozentsatz wird bis zum 30.09. eines jeden Jahres für das nachfolgende Kalenderjahr durch eine “Künstlersozialabgabe-Verordnung” vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgesetzt. Für 2023 beträgt der Satz 5 Prozent (Quelle). Gibt der Verein also in diesem Jahr Entgelte in Höhe von insgesamt 3.500 Euro für selbstständige Kreative aus, muss er 147 Euro Künstlersozialabgabe abführen.

Achtung: Zum Entgelt zählt nicht nur die eigentliche Gage oder das Honorar des Künstlers bzw. der Künstlerin, sondern alles, was der Verein aufwendet, um dessen kreative Leistung zu erhalten oder zu nutzen. Das bezieht auch Tantiemen, Lizenzen, Sachleistungen, Ausfallhonorare oder Auslagen für Telefon, Notenblätter und andere Materialien, die dem Künstler erstattet werden.

Ausgenommen sind Zahlungen an urheberrechtliche Verwaltungsgesellschaften wie die GEMA sowie Reise- und Bewirtungskosten im Rahmen der steuerlichen Freigrenze.

Künstlersozialkasse: Was müssen Vereine beachten, die abgabepflichtig sind?

Für einen Verein, der laut der Prüfung der KSK als verwertendes Unternehmen zählt, gelten einige Pflichten.

Die Abgabepflicht gilt ab dem Beginn der Vereinstätigkeit und nicht erst nachdem der Bescheid der Künstlersozialkasse eingegangen ist. Vereine sollten sich daher direkt bei der Vereinsgründung, spätestens jedoch bis zum 31. März des Folgejahres bei der KSK anmelden.

Die Zahlungspflicht sieht monatliche Vorauszahlungen vor, deren Höhe sich an den Beträgen des Vorjahres orientiert und die nur entfallen, wenn der vorauszuzahlende Betrag 40 Euro nicht übersteigt.

Im Rahmen seiner Aufzeichnungspflicht muss der Verein die an selbstständige Künstler*innen und Publizist*innen gezahlten Entgelte fortlaufend dokumentieren und diese Aufzeichnungen mindestens fünf Jahre aufbewahren, um sie im Falle einer Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung vorzulegen.

Laut Meldepflicht ist der Verein verpflichtet, die Künstlersozialabgabe selbstständig zu berechnen und bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres auf entsprechenden Vordrucken an die Künstlersozialkasse zu melden.

Das Wichtigste zum Schluss: Ausnahmen von der Abgabepflicht

Bevor euch jetzt der Schreck in alle Glieder fährt: Es gibt natürlich Ausnahmen und Bagatellgrenzen, die vor allem gemeinnützige Vereine vor einer zu hohen finanziellen Belastung schützen sollen.

  • Abgabepflicht gilt nur für Entgelte an selbstständige Künstler: Die Künstlersozialabgabe muss nur geleistet werden, wenn der Verein eine*n selbstständige*n Künstler*in (natürliche Person) oder einen Zusammenschluss als GbR beauftragt und entlohnt. Juristische Personen wie eine GmbH, eine AG, eine OHG oder auch ein eingetragener Verein sind dagegen keine selbstständigen Künstler*innen im Sinne des KSVG. Buchen Sie also für einen Festumzug eine Blaskapelle, die selbst als e.V. organisiert ist, fällt deren Auftritt nicht unter die Abgabepflicht.
  • Bis zu 3 Veranstaltungen pro Jahr sind abgabefrei (Gelegentlichkeit): Eine Abgabepflicht kann nur entstehen, wenn im Kalenderjahr mehr als drei Veranstaltungen mit abgabepflichtigen Künstler*innen durchgeführt werden. Anderenfalls liegt eine gelegentliche Erteilung von Aufträgen vor. Eine mehrtägige Veranstaltung zählt nicht automatisch als ein Event. Hier müssen die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Werden für die Veranstaltung keine abgabepflichtigen selbstständige*n Künstler*in beauftragt, ist sie für die KSK ohnehin irrelevant. 
  • Keine Künstlersozialabgabe auf Auftragssummen bis 450 Euro pro Jahr: Eine weitere Bagatellgrenze betrifft die Höhe der jährlich gezahlten Entgelte. Sofern die gesamte Auftragssumme 450 Euro nicht überschreitet, besteht keine Abgabepflicht für den Verein. Grundsätzlich ist es ausreichend, wenn eine der beiden Bagatellgrenzen (Gelegentlichkeit oder Entgelt) nicht überschritten wird, um die Abgabepflicht zu vermeiden. 
  • Übungsleiterpauschale grundsätzlich von der Abgabepflicht ausgenommen: Steuerfreie Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten z.B. als Übungsleiter*innen, Ausbilder*innen, Erzieher*innen oder Künstler*innen usw. für eine staatliche Stelle oder eine gemeinnützige Organisation in Höhe von max. 3.000 Euro jährlich sind analog der Regelung im Steuerrecht abgabefrei. 
  • Entgelte für die technische Pflege von Internetseiten sind nicht abgabepflichtig: Webdesigner*innen gehören nach dem KSVG zum Personenkreis der Künstler*innen und Publizist*innen, sofern sie Bildschirmseiten unter ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten für Internet und Internetpräsentationen mitgestalten und programmieren. Nur, wenn von vornherein keinerlei gestalterische Leistungen (z.B. Grafikleistungen) erbracht werden und es sich lediglich um die technische Einrichtung und Pflege von Internetseiten zum Zweck der Funktionalität, Aktualität, Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit handelt, gehören diese Entgelte nicht zur Bemessungsgrundlage.

Fazit

Viele Vereine haben die Künstlersozialabgabe nicht auf ihrer Agenda, dabei sind abgabepflichtige Entgelte zum Beispiel für Marketingaktivitäten oder Veranstaltungen auch in der Vereinsarbeit keine Seltenheit.

Bei einer Prüfung durch die Rentenversicherung können dem Verein daher Nachzahlungen drohen – wenn auch nur für den Zeitraum der vergangenen vier Kalenderjahre und ohne Versäumniszuschläge.

Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Vereine prüfen, ob sie laut Unternehmer-Katalog des §24 KSVG zu den verwertenden Unternehmen zählen oder regelmäßig abgabepflichtige Kreative beauftragen. 

Mit freundlicher Genehmigung des Benedetto Magazin.