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Viele engagierte Initiativen scheitern an Bürokratie oder fehlender Rechtsform – WE AID schafft hier Abhilfe. Als gemeinnütziger “fiscal host” bietet WE AID zivilgesellschaftlichen Projekten eine gemeinnützige Rechtsstruktur auf Zeit.

Im Interview erklären Christian Berger und David Juriš von WE AID, wie genau das funktioniert, wer davon profitieren kann und warum Gemeinnützigkeit endlich unkomplizierter werden sollte.

SKala-CAMPUS: Christian und David, was genau bietet WE AID an? Was ist das Angebot, wer ist die Zielgruppe?

Christian: Wir bieten eine ganze Reihe von Angeboten, die darauf abzielen, gemeinnütziges Engagement einfach und unkompliziert zu gestalten. Im Kern des Ganzen steht die Bereitstellung einer gemeinnützigen Rechtsstruktur – international als fiscal hosting bekannt. Das bedeutet, dass wir privaten Initiativen eine professionelle, gemeinnützige Organisationsstruktur auf Zeit anbieten, sodass sie ihre jeweiligen Vorhaben schnell und effizient umsetzen können.

David: Um das zu garantieren, übernehmen wir organisatorische und administrative Aufgaben, unterstützen beim Finanzmanagement, geben Orientierung bei Finanzierungsfragen und helfen bei der Öffentlichkeitsarbeit, um die Reichweite der Initiativen zu erhöhen. Vor allem aber ermöglichen wir Initiativen, Förderungen und Spenden zu erhalten, die sie sonst nicht beanspruchen könnten, und bieten Spender*innen steuerliche Vorteile. Darüber hinaus koordinieren wir Sachspenden und unterstützen beim Projekt- und Krisenmanagement.


Wer sind eure Zielgruppen?

David: Unsere Zielgruppe ist relativ weitgefasst. In erster Linie richtet sich unser Angebot an Privatpersonen, die sich spontan engagieren möchten, aber eben keine eigene gemeinnützige Struktur haben. Unternehmen, die ihre Ressourcen und Expertise für wohltätige Zwecke einsetzen möchten, können unsere Strukturen genauso nutzen. Wir haben unter unserem Dach auch Initiativen von Verbänden bzw. Zusammenschlüsse von gemeinnützigen Organisationen, die spezielle Projekte umsetzen wollen und Unterstützung bei der administrativen Abwicklung benötigen. Als Fiscal Host bieten wir unsere Strukturen, um Spender*innen und Organisationen grenzüberschreitendes Geben zu erleichtern und sichern in Zusammenarbeit mit unseren Partnerorganisationen eine korrekte Mittelverwendung.

Christian: Kurz gesagt, wir unterstützen alle, die sich gemeinnützig engagieren wollen, aber nicht über die notwendigen Strukturen oder Ressourcen verfügen, um ihre Projekte selbstständig durchzuführen. So haben wir uns vorgenommen, Zugangshürden zu gemeinnützigem Handeln möglichst kleinzuhalten und vorhandene Potentiale aus dem privaten Sektor freizumachen. Das beginnt bei der Spendensammlung zum privaten Geburtstag und endet bei der internationalen Großspende, selbst Kryptospenden machen wir möglich.



Konkret nachgefragt: Ich bin mit anderen Engagierten in einer losen Initiative verbunden, die ich nun auf solidere Füße stellen will – Wobei könnt ihr mir da helfen?

Christian: Ihr seht ein Problem in der Gesellschaft für das ihr genau die richtige Lösung habt. Menschen in eurem Umfeld erkennen den Wert eurer Tätigkeiten und wollen euch finanziell unterstützen. Bislang habt ihr eingehende Spenden über eure privaten Bankkonten gesammelt. Das hat natürlich Einfluss auf euere zu versteuernden Einkommen. Vielleicht habt ihr genau die passende Förderung, z.B. einer Stiftung, für euer Vorhaben gefunden, seid aber leider nicht förderfähig, da ihr keine gemeinnützige Organisation seid. Deswegen konntet ihr auch keine Spendenquittungen ausstellen. Die Beteiligungen, die ihr bis jetzt erfahren habt, waren also eigentlich Schenkungen. Daran wird das Finanzamt auf absehbare Zeit möglicherweise Interesse haben. Ihr habt euch alle schon einmal ehrenamtlich betätigt, aber so richtig wisst ihr auch nicht worauf zu achten ist bei Rechnungslegung und Jahresabschluss, Verwendungsnachweisen, Projektdokumentation oder euren Rechten und Pflichten als zivilgesellschaftliche Akteure. Dabei können wir euch helfen.

David: Wir möchten euch die Sorgen um nervige Bürokratie nehmen, sodass ihr euch rein auf die Durchführung eurer tatsächlichen Tätigkeiten konzentrieren könnt. Dafür bieten wir unsere Infrastruktur und Expertise. Eben als Rückgrat, damit ihr euren Herzensangelegenheiten nachgehen könnt. Ihr helft uns somit, unseren satzungsmäßigen Zwecken nachzukommen und den Weg in eine lebenswerte Zukunft zu ebnen. Wir möchten Menschen zum Tätigwerden ermutigen, Engagement noch zugänglicher gestalten und die Beteiligung am Gemeinwohl zur Selbstverständlichkeit machen.

Wenn ich schon weiß, was ich will, und “quasi weniger Beratung brauche “nur” ein administratives Dach brauche – helft ihr da auch?

Christian: Wenn ihr von euren Ideen überzeugt seid und sich euer Wirken verstetigen soll, macht eine eigene Rechtsform oft mehr Sinn, als die Nutzung von WE AID – die übrigens zeitlich in keiner Weise bedingt ist. Wir sehen uns in solchen Fällen gerne auch als Brückenbauerin. Während ihr euch durch Anträge und Behördengänge schlagt, sorgen wir dafür, dass eure Vermögens- und Anlagenwerte bis dahin ordnungsgemäß verwendet werden. Wir verwalten eure Aktiva treuhänderisch bis zu dem Moment, in dem eure gemeinnützige Organisation rechtsfähig ist. Das gehört zu unserem Verständnis einer vernetzten, wachsenden Zivilgesellschaft dazu.

Stellt ihr Kontakt zu Förder*innen her bzw. vermittelt ihr Spenden?

David: Natürlich bringen wir, gerade als Tochterorganisation von PHINEO, ein solides Netzwerk und Überblick über die Förderlandschaft mit. Immer mal wieder sind wir im Austausch mit Gebenden, die unsere Arbeit schätzen und Mittel zur Verfügung stellen. Die können wir dann an ihren Vorstellungen entsprechende Initiativen vermitteln. Das aber eher opportun, wenn uns entsprechende Anfragen erreichen. Wir greifen Initiativen, die auf der Suche nach dem richtigen Fördertopf sind, auch gerne unter die Arme und weisen den Weg. Inhaltlich sollte ein Förderantrag trotzdem von der Initiative selbst ausgefüllt werden.

Viele Initativen haben das Problem, dass jemand an sie spenden will, sie aber bis zum Freistellungsbescheid durch das Finanzamt keine Spendenbescheinigung ausstellen dürfen. Damit sind sie über Monate blockiert. Inwiefern kann WE AID hier helfen?

Christian: Die Möglichkeit echte Spenden zu empfangen und diese entsprechend im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu bescheinigen ist definitiv eine unserer Kernleistungen. Der sogenannte Freistellungsbescheid, der das über die Bescheinigung der Gemeinnützigkeit ermöglicht, ist ein Argument, das so manche Initiative zu uns geführt hat.

Viele Initiativen wollen sich irgendwann eine Rechtsform zulegen, wissen aber nicht, welche die richtige ist. Unterstützt ihr auch in Rechtsfragen?

David: In grundsätzlichen Fragen zu Formen gemeinnützigem Engagements unterstützen wir unsere Initiativen. Oft sind diese Fragen ja sehr ähnlich, sodass Anliegen zum operativen Tagesgeschäft einfach Teil unseres Angebots sind. Wenn es im Rahmen einer Gründung um die spezifischen Bedürfnisse einer Initiative geht, kommt das schon eher einem Beratungsgespräch gleich. Derzeit haben wir dafür nicht die Kapazitäten und auch überhaupt nicht das Mandat, vermitteln aber gerne den Kontakt an Impact Society unseren Partner für Wirtschafts- und Rechtsberatung.

Kostet der Service etwas?

Christian: Ja. Nachdem wir lange Zeit versucht hatten, unsere Angebote gänzlich kostenfrei anzubieten, müssen wir nun einen Teil der Spendeneinnahmen zur anteiligen Deckung unserer Kosten einbehalten. Für einfache Privatinitiativen sind das 5%, für institutionelle Initiativen, bspw. von Unternehmen oder Stiftungen, bitten wir um eine höhere Unterstützung in Form von 10%.

David: Das Solidaritätsprinzip ist uns dabei wichtig. Dennoch sind wir weiterhin noch auf Förderungen durch Stiftungen, Unternehmen oder Privatpersonen angewiesen, die sich am Aufbau unserer Angebote beteiligen. Hier drückt der Schuh aktuell. Umso dankbarer sind wir, dass PHINEO die erste Explorationsphase finanziert hat und hoffe nun, dass andere Akteure den Staffelstab übernehmen wollen.

Wie ist WE AID organisatorisch aufgestellt – und wie steht ihr heute zur Verbindung mit PHINEO?

David: WE AID ist heute eine eigenständige Organisation – mit klarer Unabhängigkeit in allen operativen und strategischen Entscheidungen. PHINEO hält aktuell noch 10 % der Anteile, was unsere gemeinsame Geschichte und Wertebasis widerspiegelt. Gleichzeitig agieren wir heute völlig eigenverantwortlich: inhaltlich, strukturell und organisatorisch.

Christian: Die enge Verbindung zu PHINEO bleibt ein wertvoller Teil unserer DNA – aber unsere Entscheidungen treffen wir selbst. Gleichzeitig ist uns unsere Verantwortung gegenüber den Initiativen und Spender*innen sehr bewusst. Dafür notwendige Strukturen und interne Regeln entwickeln wir deswegen stetig weiter – Vertrauen und Professionalität sind wichtige Werte in unserer Arbeit.

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