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Wenn sich Aktive bei einem Einsatz für eure Non-Profit verletzen, kann das ein Fall für die gesetzliche Unfallversicherung sein. Dann kommt diese beispielsweise für Behandlung, Reha-Maßnahmen und Unfallrenten auf. In anderen Konstellationen gilt der Schaden als Freizeit-Unfall. Die Rechtslage ist unübersichtlich, denn es gibt viele Einzelregelungen. Ein Überblick.

Wie in allen anderen Lebensbereichen kann es auch bei gemeinnütziger Arbeit zu Unfällen kommen: Ein Vorstandsmitglied hat auf dem Weg zur Mitgliederversammlung einen Autounfall, eine freiwillige Helferin verbrüht sich am Imbiss-Stand mit heißem Wasser, eine Vereinsangestellte stolpert und bricht sich das Bein.

Wenn die gesetzliche Unfallversicherung den Unfall als Versicherungsfall anerkennt, ist das fast immer ein Vorteil für eure Non-Profit: Die Leistungen sind vergleichsweise gut und umfassend. Aber nicht immer klappt es mit der Anerkennung – hier kommt es auf den Einzelfall an.  

Die gesetzliche Unfallversicherung: Berufsgenossenschaften und Unfallkassen

Die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland ist vor allem für den Schutz von Berufstätigen zuständig. Sie hat viele verschiedene Träger. Zum einen gibt es neun Berufsgenossenschaften, die jeweils für bestimmte Wirtschaftsbereiche und Branchen verantwortlich sind. Daneben gibt es 19 Unfallkassen von Bund, Ländern und Gemeinden für verschiedene Bereiche des öffentlichen Dienstes, außerdem eine „Unfallversicherung Bund und Bahn“ und mehrere Feuerwehr-Unfallkassen. 

Der Versicherungsschutz ist unabhängig vom Träger gleich. Mehr zu den Leistungen steht im nächsten Abschnitt. Außerdem gilt für alle Träger der gesetzlichen Unfallversicherung: 

  • Ist eine bestimmte Tätigkeit versichert, dann umfasst der Versicherungsschutz auch alle Zusatztätigkeiten, die mit der versicherten Tätigkeit in einem „inneren Zusammenhang“ stehen. Das umfasst auch Wegeunfälle auf dem Hin- und Rückweg.
  • Wer einen Unfall vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet, muss damit rechnen, dass der Unfallversicherungsträger zwar leistet, seine Aufwendungen dann aber erstattet haben will. Das gilt zum Beispiel, wenn jemand mit gefährlichen Werkzeugen herumalbert oder bewusst grundlegende Sicherheitsvorschriften missachtet. 
  • Neben Arbeitsunfällen deckt die gesetzliche Unfallversicherung auch Berufskrankheiten ab.  

(K)ein Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung – wie wirkt sich das aus?

Gilt der Unfall als Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung, hat das Opfer Anspruch auf verschiedene Leistungen. Die zuständige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse bezahlt, je nach Schwere der Unfallfolgen: 

  • die medizinische Versorgung durch eine ärztliche Praxis oder im Krankenhaus 
  • Reha-Leistungen, z. B. Aufenthalt und Behandlung in einer Reha-Einrichtung 
  • Verletztengeld als Ausgleich für den Einkommensausfall, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als die sechswöchige Lohnfortzahlung anhält. Auch für die Dauer von Reha-Maßnahmen wird Verletztengeld bezahlt. 
  • Übergangsgeld bei Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben, etwa während Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, um mit einer Körperbehinderung beruflich Fuß zu fassen 
  • Unfallrenten, wenn der Unfall zu einer Erwerbsminderung von mindesten 20 Prozent führt 
  • ein Sterbegeld an die Hinterbliebenen nach einem tödlichen Unfall 
  • Hinterbliebenenrenten für Kinder unter 18 sowie Verwitwete 

Einordnung als Freizeitunfall:

Wird der Unfall dagegen als Freizeitunfall eingeordnet, sind je nach individueller Situation die Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und/oder die gesetzliche Rentenversicherung zur Leistung verpflichtet. Die Krankenkassen zahlen neben den Behandlungskosten bei längerer Arbeitsunfähigkeit auch Krankengeld. Gesetzliche Krankenkassen und Rentenversicherung bezahlen Reha-Maßnahmen.

Die Rentenversicherung bezahlt Übergangsgeld, manchmal auch die Bundesagentur für Arbeit. Zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gehören außerdem eine Erwerbsminderungsrente, wenn das Unfallopfer nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten kann, sowie Hinterbliebenenleistungen nach einem tödlichen Unfall.

Vorteile, wenn die gesetzliche Unfallversicherung greift:

Trotzdem ist der Leistungsumfang der gesetzlichen Unfallversicherung oft vorteilhafter. So ist die Krankengeld-Summe der gesetzlichen Krankenversicherung niedriger als die Verletztengeld-Summe der Unfallversicherung. Die Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung liegt in der Regel unter dem Satz einer Unfallrente. Die gesetzliche Unfallversicherung ermöglicht Reha-Maßnahmen, die Krankenkassen und Rentenversicherung nicht finanzieren.

Außerdem ist der Versicherungsschutz durch die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung kein Selbstläufer. Zwei Beispiele für mögliche Stolpersteine: 

  • Um Krankengeld zu bekommen, muss das Unfallopfer gesetzlich und mit Krankengeldanspruch krankenversichert gewesen sein. 
  • Leistungen der Rentenversicherung erhält nur, wer lange genug eingezahlt hat

Gesetzlich unfallversichert oder nicht?

Es gibt viele Konstellationen, in denen man nach einem schweren Unfall durch die Maschen des sozialen Netzes fällt. Deshalb kann es sehr entscheidend sein, ob die gesetzliche Unfallversicherung Leistungen für das Unfallopfer übernimmt oder nicht.

Ob das der Fall ist, hängt von vielen Bedingungen ab. Leider ist die Rechtslage ausgesprochen kompliziert – ein Flickenteppich an einzelnen Zuständigkeiten und Regelungen. 

Beschäftigte einer Non-Profit sind pflichtversichert 

Wenn Beschäftigte einer Non-Profit einen Arbeitsunfall oder unterwegs zur Arbeit einen Wegeunfall haben, besteht Anspruch auf Leistungen der Berufsgenossenschaft. Schließlich sind sie in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert, wie alle Arbeitnehmer*innen in Deutschland. Das schließt Mini-Jobber*innen, Praktikant*innen, Bundesfreiwillige und Azubis ein.

Welche Berufsgenossenschaft für eure Non-Profit zuständig ist, könnt ihr über die kostenlose Hotline der Gesetzlichen Unfallversicherung erfahren. Ihr erreicht sie unter der Telefonnummer 0800 6050 404. 

Pflichtversichert: Die Non-Profit ist für eine „Gebietskörperschaft“ tätig

Wenn Vertreter*innen eines Non-Profits „im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung“ einer Gebietskörperschaft wie dem Bund, einem Bundesland oder einer Kommune tätig werden, fallen sie unter die gesetzliche Unfallversicherung. Aktiv anmelden müssen sie sich dafür nicht. Zuständig ist die jeweilige Unfallkasse.

Praxisbeispiel 
Ein Beispiel dafür ist ein Verein, der für Schüler*innen Hausaufgabenbetreuung und Freizeitgestaltung am Nachmittag anbietet und dazu einen Vertrag mit der Stadtverwaltung abgeschlossen hat. Verletzt sich ein ehrenamtlich tätiges Mitglied beim Herumtoben mit den Kindern, ist das ein Fall für die Unfallversicherung.

Diese Regelung ist besonders im kommunalen Rahmen relevant, weil gerade Städte und Gemeinden viele Aufgaben von Vereinen und anderen gemeinnützigen Trägern erledigen lassen. Der Versicherungsschutz setzt nicht zwingend eine schriftliche Vereinbarung mit der Gebietskörperschaft voraus und kann sich auch auf Beauftragte von Non-Profits erstrecken.

Praxisbeispiel 
So wertete das Landessozialgericht Bayern den Unfall eines Vereinsmitglieds, das im Auftrag eines Sportvereins die Duschen im Sportheim renovierte und auf dem Weg zum Baumarkt einen Autounfall erlitt, als Versicherungsfall. Grund: Das Sportheim gehörte der Gemeinde und der Bürgermeister hatte mit dem Vereinsvorstand die Renovierung mündlich abgesprochen.  

Pflichtversichert: Die Non-Profit wird für die Kirche aktiv 

Eine ähnliche Regel besteht dann, wenn Vertreter*innen einer Non-Profit im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung einer Kirche tätig sind. Unfallversicherungsträger ist in diesem Fall die VBG.

„Kirche“ steht hier für „öffentlich-rechtliche Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften“. Bei einem Moscheeverein oder einer als e. V. organisierten Freikirche greift diese Vorschrift nicht.  

Praxisbeispiel 
Ein Beispiel dafür, wann diese Unfallversicherung gilt, lieferte das Bundessozialgericht. Eine Frau, die in einem Chorverein sang, erlitt auf dem Weg zu einem Auftritt des Chors in den Räumen der örtlichen Kirchengemeinde einen Autounfall. Die Berufsgenossenschaft war zu Versicherungsleistungen verpflichtet, weil der Chor-Auftritt mit dem Pfarrer abgesprochen war und damit mit „ausdrücklicher Einwilligung“ der Gemeinde erfolgte.  

Pflichtversichert: Die Non-Profit wird für die Kirche aktiv 

Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht für alle, die im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege ehrenamtlich tätig sind. Wer in einem Flüchtlingsheim des DRK, bei einem Beratungsangebot der Arbeiterwohlfahrt oder bei einer Aufklärungsaktion des örtlichen Frauengesundheitsbüros ehrenamtlich mithilft, ist bei Unfällen abgesichert.

Ehrenamt in einem „Rettungsunternehmen“

Bei ehrenamtlichen Einsätzen für „Rettungsunternehmen“ gilt gesetzlicher Unfallversicherungsschutz. Gemeint sind zum Beispiel Rettungssanitäter*innen, die ehrenamtlich bei einem Hilfsdienst tätig sind oder Helfer*innen, die „zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz“ an Einsätzen des Technischen Hilfswerks oder der freiwilligen Feuerwehr teilnehmen.

Neben den Einsätzen selbst umfasst der Versicherungsschutz auch Ausbildungstermine und „satzungsgemäße Veranstaltungen“. Deshalb waren auch DRK-Helfer versichert, die als Besucher zur Generalversammlung eines anderen DRK-Ortsvereins fahren wollten und dabei einen schweren Unfall erlitten.

Angestellte Notfallsanitäter*innen und hauptamtliche Einsatzkräfte sind als Beschäftigte pflichtversichert. 

Wichtiges zum Ehrenamt

Ehrenamtlich tätig ist nur, wer… 

  1. für die Tätigkeit nicht bezahlt wird, zumindest nicht über eine Aufwandsentschädigung hinaus. 
  2. nicht zu der Tätigkeit verpflichtet ist, beispielsweise durch einen Dienstvertrag oder ähnliches. 

Freiwillige Mitgliedschaft für Ehrenamtliche und Beauftragte 

Wer in einer gemeinnützigen Organisation eine ehrenamtliche Funktion ausübt, kann freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Unfallversicherung werden. Zuständig ist die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG):

  • Die freiwillige Versicherung steht Menschen offen, die ein in der Satzung der Non-Profit vorgesehenes Wahlamt ausüben, zum Beispiel als Vereinsvorständin oder Kassenwart.  
  • Sie besteht außerdem für Personen, die von der Non-Profit mit einer bestimmten Aufgabe beauftragt wurden, etwa mit der Organisation des Sommerfestes oder der Renovierung des Vereinsheims. Bei Beauftragung muss die Funktion nicht in der Satzung stehen. 

Da keine Versicherungspflicht besteht, muss die Mitgliedschaft aktiv beantragt werden. In der Regel schließt die Non-Profit für ehrenamtlich Engagierte einen Rahmenvertrag mit der Verwaltungsberufsgenossenschaft ab. Alternativ können Ehrenamtler*innen sich auch selbst anmelden.

Die Beiträge werden immer nachträglich fürs abgelaufene Jahr abgerechnet. Für 2021 lag der Beitragssatz bei 4,70 Euro pro Person bzw. Versicherungsverhältnis.

Kompliziert: Versicherungsschutz bei sogenannter „Wie-Beschäftigung“ 

Engagierte fallen grundsätzlich auch dann unter die gesetzliche Unfallversicherung, wenn sie „wie“ Beschäftigte tätig werden, ohne dass ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt (2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, man spricht von “Wie-Beschäftigung”). Kriterium für eine Wie-Beschäftigung ist, dass normalerweise jemand für die ausgeführte Tätigkeit bezahlt werden muss, und dass der oder die Betreffende sie nicht „eigenwirtschaftlich“ ausführt, d. h. nicht gegen Lohn oder Rechnung oder zum eigenen Vorteil.

Daraus leitet sich eine entscheidende Einschränkung ab: Zwischen denjenigen, die die Tätigkeit ausführen und denjenigen, die davon profitieren, darf keine „Sonderbeziehung“ bestehen. So nennen es die Sozialgerichte, wenn jemand aufgrund persönlicher Verpflichtung oder gesellschaftlichen Erwartungen tätig wird und beispielsweise Freunden oder Verwandten eine Gefälligkeit erweist.

Bei Vereinsmitgliedern kann keine „Wie-Beschäftigung“ vorliegen, wenn sie zur Erfüllung des Vereinszwecks tätig werden oder Arbeiten ausführen, die der Verein von ihnen erwarten kann oder zu denen sie verpflichtet sind.  

Praxisbeispiel 
Wenn ein Umweltschutzverein per Beschluss alle Mitglieder verpflichtet, zweimal jährlich an Müllsammelaktionen teilzunehmen, dann gilt das nicht als „Wie-Beschäftigung“: Zum einen sind solche Einsätze Teil des Vereinszwecks, zum anderen wird das von den Mitgliedern erwartet. Wenn dagegen ein Mitglied von sich aus den Müll auf dem Vereinsgelände beseitigt, ist sie oder er dabei möglicherweise aufgrund dieser Bestimmung versichert. Das Gleiche gilt, wenn ein Nicht-Mitglied dabei – ebenfalls freiwillig und ohne Bezahlung – hilft. 

Oft scheitert der Versuch, den Versicherungsschutz aufgrund von Wie-Beschäftigung vor Gericht durchzusetzen.

Praxisbeispiele
So ging es der Mutter einer Basketball-Jugendspielerin, die regelmäßig zu den Turnieren der Tochter mitfuhr, dort freiwillig Aufgaben übernahm und dabei durch eine bewegliche Tribüne verletzt wurde. Ihr Engagement war für das Sozialgericht Hamburg keine Wie-Beschäftigung, weil sie „als Mutter“ und damit aufgrund der Sonderbeziehung tätig wurde.

Ebenfalls nicht unfallversichert war eine Aktivistin, die sich bei einer Kletteraktion von Greenpeace schwer verletzt hatte. Die Frau war kein Greenpeace-Mitglied im vereinsrechtlichen Sinn, nahm jedoch regelmäßig an spektakulären Aktionen teil und hatte von Greenpeace dafür eine spezielle Kletterausbildung erhalten. Für das Sozialgericht Hamburg lag keine „Wie-Beschäftigung“ vor, weil das Unfallopfer „als Aktivistin von Greenpeace gehandelt und damit die Vereinsinteressen wahrgenommen“ habe.

Erweiterter Unfallversicherungsschutz in bestimmten Bundesländern 

Einige Bundesländer haben Rahmenverträge mit ihren Unfallkassen, die zusätzlichen Versicherungsschutz für Ehrenamtliche gewährleisten. Oder sie haben zu diesem Zweck die Satzungen der Unfallkassen erweitert. Solche Sonderbestimmungen gibt es derzeit in Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

Die genauen Vorgaben hängen vom Einzelfall ein. Ein Beispiel liefert die Regelung von Bremen: Wie dort greift auch in anderen Bundesländern dieser Unfallversicherungsschutz nur subsidiär. Er ist nicht zuständig, wenn es eine andere Grundlage für Ansprüche auf Unfallversicherungsleistungen gibt. In bestimmten Fällen sind damit auch Personen ausgeschlossen, die sich als Ehrenamtliche freiwillig über die Berufsgenossenschaft versichern können. 

Fazit: Genau prüfen und wenn notwendig private Versicherung abschließen 

Auch bei gesetzlichem Unfallversicherungsschutz ist die Rechtslage leider nicht gerade übersichtlich. Wenn ihr konkret wissen wollt, ob eure Aktiven bei der Arbeit für euer Projekt oder eure Non-Profit versichert sind, bleibt nur eine Einzelfallprüfung.

Fällt die negativ aus, und ist das Unfallrisiko nicht vernachlässigbar, kann eine privat abgeschlossene Unfallversicherung für euren Verein oder eure Organisation sinnvoll sein. In dem Fall lohnt es sich, eine*n auf gemeinnützige Organisationen und Non-Profits spezialisierte*n Versicherungsmakler*in einzuschalten.