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Eure Non-Profit hat einen sehr erfolgreichen Zweckbetrieb? Dann kann ein kommerzielles Unternehmen wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Wettbewerbsverzerrungen vor dem Finanzgericht klagen. Ziel einer solchen Konkurrentenklage ist die Aberkennung der Steuervorteile. Non-Profits sollten sich dieses Risikos bewusst sein.

Der Zweckbetrieb, die kommerzielle Konkurrenz und die Konkurrentenklage

Gemeinnützige Organisationen dürfen selbst nicht gewinnorientiert sein. Sie können aber wirtschaftliche Geschäftsbetriebe haben, die ihnen Geld für ihre Arbeit einbringen. So kann ein Verein ein kommerziell ausgerichtetes Restaurant betreiben oder eine gGmbH kostenpflichtige Fortbildungen anbieten.

Ein solcher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist steuerpflichtig: Je nach Branche, Umsatz und Gewinn fallen Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer an. Bestimmte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sind jedoch selbst steuerbegünstigt, genau wie die Non-Profit, der sie angehören. Das ist dann der Fall, wenn der Geschäftsbetrieb nicht nur Einnahmen erzielt, sondern gleichzeitig dem gemeinnützigen Zweck der Non-Profit dient. In diesem Fall spricht man von einem Zweckbetrieb.

Ein anerkannter Zweckbetrieb ist körperschafts- und gewerbesteuerfrei. Wenn Umsatzsteuer anfällt, dann nur zum ermäßigten Satz von sieben Prozent.

Durch die Steuerbegünstigung haben Zweckbetriebe einen deutlichen Vorteil gegenüber voll steuerpflichtigen Unternehmen, die um die gleichen Kund*innen werben, aber beispielsweise 19 Prozent Umsatzsteuer aufschlagen müssen.

Lesetipp:
Ausführliche Erläuterungen zu Zweck- und Geschäftsbetrieb findet ihr im Beitrag „Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb & Zweckbetrieb im Verein und anderen Non-Profits

Gegenmittel der kommerziellen Konkurrenz: die Konkurrentenklage

Kein Wunder, dass ein erfolgreicher Zweckbetrieb seinen kommerziellen Wettbewerber*innen oft ein Dorn im Auge ist. Konkurrenten können rechtliche Schritte einleiten, wenn der Zweckbetrieb zu ihnen „in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist“.

Diese Einschränkung ergibt sich aus der gesetzlichen Vorschrift über Zweckbetriebe. Die Konkurrentenklage vor dem Finanzgericht richtet sich gegen das Finanzamt, nicht gegen den gemeinnützigen Konkurrenten selbst. Ziel ist es, dass das Finanzamt die Steuerbefreiung für den Zweckbetrieb zurücknimmt. Vereinfacht gesagt will das kommerzielle Unternehmen zwei Dinge zeigen:

  • Beim steuerbegünstigten Zweckbetrieb der Non-Profit steht das Geldverdienen über den gemeinnützigen Zielen.
  • Die Steuervorteile der Non-Profit führen zu einer Wettbewerbsverzerrung und zu geschäftlichen Nachteilen bei der steuerpflichtigen, gewinnorientierten Konkurrenz.

Was droht euch bei einer Konkurrentenklage wegen eures Zweckbetriebs?

Die Hürden für eine Konkurrentenklage sind hoch. Hat sie allerdings Erfolg, kann es für die betroffene Non-Profit teuer werden. Das gilt insbesondere dann, wenn der Zweckbetrieb erfolgreich war. Das Finanzamt wird die Steuerbescheide ändern, es drohen Nachzahlungen von Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer. Im schlimmsten Fall steht sogar die Gemeinnützigkeit der Non-Profit, der der Zweckbetrieb gehört, auf dem Spiel.

Entscheidend ist also, dass das Finanzgericht die Einordnung eures Zweckbetriebs bestätigt und ihn nicht als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einstuft. Auch wenn sich die Konkurrentenklage gegen das Finanzamt richtet, ist die Non-Profit am Verfahren beteiligt, sie wird „beigeladen“. Damit habt ihr alle Rechte: Euer Rechtsbeistand kann wie der Rechtsbeistand des klagenden Unternehmens Anträge stellen, Argumente vorbringen, Beweise vorlegen oder Revision gegen das Urteil der ersten Instanz einlegen (§ 60 Finanzgerichtsordnung).

Drei Beispiele sollen helfen, die Konkurrentenklage etwas greifbarer zu machen: ein fiktiver Fall und zwei echte Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH), des obersten Steuergerichts in Deutschland.

1. Ein fiktives Beispiel: die (zu) erfolgreiche Malschule

Angenommen, der Farbenspiel e. V. ist ein gemeinnütziger Kulturverein. Sein Satzungszweck ist die Förderung der Malerei. Er betreibt eine erfolgreiche Malschule mit kostenpflichtigen Kursen. Da die Malschule die Malerei fördert, stuft das Finanzamt sie als steuerbegünstigen Zweckbetrieb ein.

Das missfällt dem Betreiber der kommerziellen Hobby-Malschule Neidgrün GmbH. Herr Neidgrüns Kurse sind teurer. Er kann immer weniger Hobbymaler*innen für sich gewinnen, während das Angebot des Vereins floriert. Darum erhebt Herr Neidgrüns Anwalt Konkurrentenklage: Das Finanzamt soll die Steuerbegünstigung der Malschule Farbenspiel e. V. wieder streichen.

Der Ausgang des Verfahrens hängt – wie immer in solchen Fällen – von den genauen Details des Einzelfalls ab. Einige mögliche Szenarien:

  • Angenommen, es stellt sich heraus, dass die Satzung des Vereins Farbenspiel die Förderung der Malerei bei Kindern und Jugendlichen vorsieht, die Malschule des Vereins aber überwiegend erwachsene Schüler*innen hat. Dies verbessert die Chancen von Herrn Neidgrün vor Gericht: Es stellt sich die Frage, ob die Malschule des Vereins tatsächlich den Vereinszweck verwirklicht.
  • Wenn die Malschule des Vereins den größten Teil des Umsatzes mit Nebenleistungen generiert, etwa mit Ausstellungskatalogen und Malereibedarf, wird das ebenfalls zu Argumentationsproblemen für den Verein führen. Denn der Verkauf ist kein gemeinnütziger Zweck.
  • Dagegen ist wirtschaftlicher Erfolg des Vereins Farbenspiel kein Argument gegen die Zweckbetriebseigenschaft. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Schulaktivitäten unter den Satzungszweck fallen.
  • Kann der Verein zeigen, dass sein Angebot und Herr Neidgrüns Malschule nicht wirklich konkurrieren, etwa aufgrund der geographischen Distanz, dann ist die Konkurrentenklage ebenfalls vom Tisch. In diesem Fall scheitert sie sogar schon an der Zulässigkeit.

2. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: die gemeinnützige Großwäscherei

Eine gGmbH betreibt als Beschäftigungsgesellschaft eine Großwäscherei. Dort arbeiten überwiegend Langzeitarbeitslose oder Menschen mit Behinderung. Einziger Gesellschafter ist ein e. V. Die Wäscherei arbeitet vor allem für Alten- und Pflegeheime und ist zunehmend erfolgreich. Das Finanzamt hat sie als Zweckbetrieb anerkannt.

Gegen diese Steuerbegünstigung klagt ein kommerzielles Mietwäsche-Unternehmen aus derselben Region. Der Wäschereibetrieb der gGmbH soll als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingeordnet werden. Vor dem Finanzgericht Düsseldorf als erster Instanz ist der Antrag erfolgreich. Der BFH als oberste Instanz hebt das Urteil jedoch wieder auf. Das Finanzgericht hatte angenommen, dass die Wäscherei kein Zweckbetrieb sein könne, weil sie in drei aufeinander folgenden Jahren erhebliche Gewinne erzielt habe. Dies hat der BFH nun korrigiert.

Der Gewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren ist hier nicht entscheidend. Dieses Kriterium gilt nur für Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege, die nur kostendeckend arbeiten dürfen (§ 66 Abgabenordnung).

  • Vielmehr kommt es für den Status der Wäscherei darauf an, ob die Beschäftigungsgesellschaft ihren Satzungszweck erfüllt: die Integration von Menschen mit Vermittlungshemmnissen in den Arbeitsmarkt. Deshalb muss sie für ihre Dienstleistungen grundsätzlich Mitarbeiter*innen mit besonderem Förderbedarf einsetzen. Arbeitnehmer*innen, die nicht zu dieser Zielgruppe gehören, darf sie nur beschäftigen, soweit das unbedingt notwendig ist – zum Beispiel, weil Ausbilder*innen benötigt werden.
  • Darüber hinaus darf die Beschäftigungsgesellschaft nur in dem für die Integrationsarbeit erforderlichen Maße in Konkurrenz zu gewerblichen Unternehmen treten. Die Marktteilnahme muss sich also auf das beschränken, was zur Förderung der Integration in den Arbeitsmarkt erforderlich ist. Nimmt der Zweckbetrieb Geschäftschancen nur deshalb wahr, weil sie finanziell attraktiv sind, riskiert er seinen Status.

Mit diesen Maßgaben wurde die Sache zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

3. Ein weiteres Beispiel aus der Rechtsprechung: Waren speziell für blinde Menschen

Blinde und sehbehinderte Menschen benötigen im Alltag bestimmte Dinge, vom weißen Langstock bis zur Tastuhr. Ein eingetragener Verein, der als Selbsthilfeorganisation von Blinden und Sehbehinderten gegründet wurde, verkaufte solche Produkte über ein Ladengeschäft und über das Internet. Daneben bot er kostenlose Kurse und Schulungen für diese Zielgruppe an. Die wirtschaftliche Tätigkeit wurde vom Finanzamt als Zweckbetrieb anerkannt. Auf die Waren wurde nur der ermäßigte Umsatzsteuersatz erhoben.

Eine gewerblich tätige GbR, die gleichartige Waren vertreibt, wollte mit einer Konkurrentenklage erreichen, dass das Finanzamt die Umsatzsteuerbescheide zurücknimmt. Ihr Argument: Für die Beratung von Blinden und Sehbehinderten gelte zwar der ermäßigte Umsatzsteuersatz. Der Verkauf von Waren gehöre aber nicht zu den gemeinnützigen und damit steuerbegünstigten Leistungen. Bei dem Betrieb des Vereins stehe der Verkauf und nicht die Beratung im Vordergrund.

Das Sächsische Finanzgericht wies die Klage ab. Der BFH hob das Urteil auf. Er bestätigte jedoch, dass der Verkauf von Waren als reine Handelstätigkeit für einen Zweckbetrieb nicht ausreicht. Dazu müsse eine über die reine Produktberatung hinausgehende Beratung der Blinden und Sehbehinderten hinzukommen, etwa eine Hilfestellung für Neu-Erblindete oder ein kostenloses Kursangebot für Kund*innen. Ob diese zusätzlichen Beratungsleistungen erbracht wurden, wird die erste Instanz in einem neuen Verfahren zu klären haben.

Diese Prüfung bezieht sich nur auf die Beratung im Zusammenhang mit dem Verkauf. Die allgemeinen Kurse des Vereins werden nicht berücksichtigt. Dieser Teil der Tätigkeiten ist als kostenloses Eigenangebot keine wirtschaftliche Tätigkeit, also kein Zweckbetrieb.

Fazit: Risiko Konkurrentenklage?

Zweckbetrieb oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb mit normaler Steuerpflicht? Die Abgrenzung im Einzelfall ist oft sehr kompliziert. Grund dafür ist die komplexe Rechtslage. Eine verlässliche Beurteilung setzt steuerrechtlichen Sachverstand voraus. Wer Ziel einer Konkurrentenklage wird, braucht ohnehin juristischen Beistand.

Trotzdem ist es sinnvoll, sich im Vorfeld ein paar Gedanken über das Risiko zu machen. Gibt es kommerzielle Unternehmen, denen euer Zweckbetrieb starke Konkurrenz macht – so sehr, dass sie eine Klage in Erwägung ziehen könnten? Wie wäre euer Zweckbetrieb dann aufgestellt: Sind seine Aktivitäten wirklich von euren gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gedeckt? Oder geht es bei ehrlicher Betrachtung oft nur um Umsatz und Gewinnmargen?

Andererseits gilt: Längst nicht jede Konkurrentenklage ist erfolgreich. Und wirtschaftlicher Erfolg allein ist kein Argument gegen die Zweckbetriebseigenschaft. Entscheidend ist, dass ihr auch im Zweckbetrieb euren satzungsmäßigen Zwecken treu bleibt.