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Bitcoin und Co. sind für gemeinnützige Organisationen vor allem interessant, wenn es um die Annahme von Kryptowährungen als Spende geht. Dennoch haben viele Non-Profits noch immer Berührungsängste. Wir haben uns die fünf gängigsten Vorurteile genauer angeschaut.

In den letzten Jahren kam man um Kryptowährungen kaum herum: Die einen lobten das enorme Potenzial der digitalen Vermögenswerte und sprachen vom Geld der Zukunft. Andere verdammten sie als riskante Spekulationsobjekte und Klimakiller.

Dabei wollten die Pioniere der Krypto-Idee eine Alternative zu herkömmlichen Währungen schaffen, die auf Werten wie Fairness, Vertrauen, Transparenz, Sicherheit und Nachhaltigkeit basiert. Ziele, auf die auch gemeinnützige Organisationen hinarbeiten. Höchste Zeit also, um die Frage zu stellen: Was bleibt nach all den Schlagzeilen von dieser Vision? Und wie können sich Non-Profits die Zukunftstechnologie zunutze machen?

Mythos 1: Die Annahme von Kryptospenden lohnt sich nicht

Was stimmt: Am 26. Februar 2022 – ein paar Tage nach Russlands Angriff auf die Ukraine – kündigte der ukrainische Vize-Premier Mykhailo Fedorov an, dass die ukrainische Regierung über eine offizielle Seite Spenden per Kryptowährung akzeptierte. Laut der Blockchain-Analysefirma Elliptic gingen innerhalb von 24 Stunden Spenden im Wert von rund 12 Millionen Euro ein.

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Doch die Ukraine ist längst kein Einzelfall: Mittlerweile nehmen mehrere große Organisationen wie das Internationale Rote Kreuz oder die Caritas Spenden in Kryptowährungen entgegen. Die Summen sind teils beeindruckend und steigen jährlich an: Die mehr als 300.000 Kunden des Fonds Fidelity Charitable, der dabei hilft, Geld für wohltätige Zwecke zu spenden, gaben 2022 Kryptowährungen im Wert von 11.2 Milliarden US-Dollar an wohltätige Zwecke ab. Im Jahr zuvor waren es noch 331 Millionen, 2020 nur 28 Millionen US-Dollar. 

Über das Spenden in Kryptowährungen schreibt der Ökonom Philipp Sandner: „Wir sehen hier eine neue Art des Spendens, über die bisher wenig bekannt ist. Das Geld ist sofort vor Ort, die Transaktionskosten gering. Egal, wo die Leute sind – in Japan, Deutschland, Australien – sie können alle an ein- und dieselbe digitale Geldbörse, das sogenannte Wallet, spenden. Das schafft die klassische Spenden-Infrastruktur nicht. Wer hier von Deutschland aus auf herkömmlichem Weg Geld für die Ukraine spendet, weiß nicht, wann es vor Ort ankommt.“

Immer mehr Menschen sehen also Vorteile darin, in Kryptos statt in herkömmlichen Währungen zu spenden. Zu den Vorteilen zählen etwa die hohe Geschwindigkeit, mit der Transaktionen möglich werden. Aber auch niedrigere Kosten und Gebühren sowie die Globalität der Blockchain, die grenzübergreifende Überweisungen problemlos möglich macht, sprechen für die Technologie.

Zudem lassen sich durch die Annahme von Kryptospenden neue Zielgruppen erschließen – vielleicht jüngere und technologisch affine Menschen, die andernfalls mit eurer Non-Profit-Organisation oder eurem Verein nicht in Kontakt gekommen wären.

Mythos 2: Kryptowährungen sind ein Trend, der vergeht

Was stimmt: Bereits 2008 wurde mit Bitcoins die erste Kryptowährung eingeführt. Neu ist das alternative Bezahlsystem demnach nicht, und in seiner 15-jährigen Geschichte hat es schon viele Hoch und Tiefs erlebt. Dass „die Blase für immer platzt”, wie ab und an geunkt wird, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Schließlich haben sich Kryptowährungen vor allem in Ländern mit instabilen Wirtschaftssystemen wie Nigeria, der Türkei oder Argentinien bereits etabliert. In El Salvador und der Zentralafrikanischen Republik ist Bitcoin sogar als offizielles Zahlungsmittel zugelassen.

Zudem etablieren sich Kryptowährungen immer stärker im internationalen Finanzsystem. Dazu tragen auch neue Rechtsvorgaben für Kryptowerte bei, die für Anbietende und Verbraucher*innen Rechtssicherheit schaffen und Risiken senken sollen.

Dass Kryptowährungen irgendwann wieder verschwinden, ist daher höchst unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Derzeit spricht vieles dafür, dass ihre Bedeutung in Zukunft weiter zunehmen wird. Daher sollten sich auch gemeinnützige Organisationen frühzeitig auf die neue Technologie einstellen.

Mythos 3: Kryptowährungen verbrauchen viel Energie und schädigen die Umwelt

Was stimmt: Um die Legitimation von Transaktionen zu überprüfen und Daten zu speichern, verwendet Bitcoin einen Mechanismus namens „Proof of Work” (PoW). Auch wenn die Messung schwierig ist, führt dieser tatsächlich zu einem hohen Energieverbrauch. Ende 2022 lag dieser laut dem Cambridge Center for Alternative Finance bei rund 90 Terrawattstunden. Das entsprach etwa 0,4 Prozent des weltweit produzierten Stroms.

Allerdings ist nicht nur die Menge der verbrauchten Energie von Bedeutung, sondern auch die Herkunft. „Das Problem ist komplizierter als die Behauptung, dass alles schrecklich ist”, erklärt Susanne Köhler, eine Blockchain-Nachhaltigkeitsforscherin an der Universität Aalborg in Dänemark gegenüber energiewirtschaft.io. So werden die PoW-Blockchains zunehmend mit erneuerbaren Energiequellen betrieben. Schon heute stammen 40 Prozent aus grünen Quellen wie Wind oder Sonne, hat 2020 eine Studie der Cambridge University ergeben.

Zudem arbeitet die Branche seit Jahren an Lösungen: Der Proof-of-Stake (PoS) Mechanismus, der von verschiedenen großen Kryptowährungen genutzt wird, hat beispielsweise einen geringeren Energieverbrauch. Beim PoS-Mechanismus werden die Nutzer*innen je nach der Menge der Coins, die sie derzeit besitzen, entschädigt und so die Rechenarbeit verringert. Aus dem Grund hat kürzlich auch die nach Bitcoin am meisten verbreitete Kryptowährung Ethereum zu diesem Mechanismus gewechselt und seinen Energieverbrauch damit um 99,5 Prozent gesenkt. Eine Liste mit weiteren umweltfreundlichen Blockchains hat businessinsider.de zusammengestellt.

Eine weitere Lösung, an der die Szene intensiv arbeitet, besteht darin, die benötigte Energie von vornherein nachhaltig zu produzieren. So werden bereits ganze Krypto-Farmen ausschließlich mit Solarenergie betrieben. Noch interessanter ist, dass zukünftig Überkapazitäten, d.h. ungenutzter Strom im Netz, für das Mining genutzt werden kann. Als Mining wird die Produktion der digitalen Währung bezeichnet. Damit könnten Krypto-Farmen sogar Stromnetze gegen Schwankungen oder Ausfälle absichern. Lee Bratcher, Präsident des Texas Blockchain Council, argumentiert: „Bitcoin Miner können sich innerhalb weniger Sekunden abschalten, was sie zu einer perfekten Ressource für das Netz macht, wenn es um Frequenzausgleich geht.”

Mythos 4: Kryptowährungen sind nicht sicher

Was stimmt: Zahlreiche Skandale der jüngsten Vergangenheit haben dem Ruf von Kryptowährungen im Allgemeinen und Kryptospenden im Besonderen nicht gut getan. Insbesondere der Kollaps von FTX, einer der größten Kryptobörsen der Welt. Auch das Auf und Ab – d.h. die Volatilität – der Kryptokurse trägt zu dem Glauben vieler Menschen bei, Transaktionen von Bitcoin und Co. wären unsicher.

Tatsächlich ist das Halten von Kryptowährungen mit einigen Risiken verbunden. Eines der wichtigsten: Kryptobörsen besitzen längst nicht so hohe Eigenkapitalsummen wie beispielsweise Banken. Bei einer Pleite wie im Fall von FTX sind die Gelder der Anleger*innen nicht geschützt. Auch bei der Wahl der Kryptobörse ist Vorsicht geboten, da der Markt teils undurchsichtig und trotz einiger gesetzlicher Nachbesserungen in den letzten Jahren noch immer nicht ausreichend reguliert ist.

Eine Alternative zu Kryptobörsen stellt das selbstständige Halten von Kryptowerten in einer eigenen Wallet dar. Damit macht ihr euch unabhängig von externen Anbieter*innen und besitzt wirklich eure eigenen Kryptos. Ein berühmter Ausspruch in der Krypto-Welt lautet: „Not your keys, not your coins”. Die Blockchain, auf der eure Coins dabei liegen, gilt aufgrund ihrer Dezentralität als überaus sicher und macht es Hackern schwierig, illegal auf fremde Vermögenswerte zuzugreifen.

Mythos 5: Kryptos ermöglichen Geldwäsche und finanzieren illegale Aktivitäten

Was stimmt: Das United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) schätzt, dass weltweit in einem Jahr (Fiat-)Geld im Wert von 800 Milliarden bis 2 Billionen US-Dollar gewaschen wird. Dies entspricht 2 bis 5 Prozent des globalen BIP.

Geldwäsche und andere kriminelle Aktivitäten im Kryptobereich nahmen laut der jährlichen Studie des führenden Krypto-Marktforschers Chainalysis 2023 zwar im Vergleich zum Vorjahr zu, bargeldbasierte Geldwäsche stellt aber immer noch die häufigste Form illegaler Finanzaktivitäten dar. Zudem sah die Situation im Halbjahr 2023 auch wieder anders aus: Bis Ende Juni sind die Kryptozuflüsse zu bekannten illegalen Unternehmen wieder stärker zurückgegangen.

Generell machen illegale Aktivitäten nur einen geringen Anteil aus und werden aufgrund von zunehmender Regulierung weiter abnehmen: Dafür soll unter anderem die 6. Geldwäsche-Richtlinie im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz („FM-GwG“) sorgen. Damit erschwert die EU Kriminellen die Umgehung von Anti-Geldwäsche-Vorschriften mittels Kryptowährungen.

Nach den neuen Vorschriften sind Anbieter*innen von Krypto-Dienstleistungen verpflichtet, bestimmte Angaben über Auftraggeber*innen und Begünstigte der von ihnen durchgeführten Transfers von Kryptowerten zu erheben und zugänglich zu machen – und zwar unabhängig davon, wie viele Kryptowerte übertragen werden. So wird die Rückverfolgbarkeit von Kryptowertetransfers sichergestellt, damit mögliche verdächtige Transaktionen besser erkannt und unterbunden werden können.

Für EU-weit einheitliche Regeln im Umgang mit digitalen Währungen und Krypto-Assets soll zudem die „Markets in Crypto-Assets“ (MiCA), eine umfassende Verordnung zur Regulierung von Krypto-Assets, sorgen. Zu den wichtigsten neuen Vorschriften zählen, dass Unternehmen, die Kryptowährungen in der EU emittieren und verkaufen wollen, künftig eine Lizenz von einer Aufsichtsbehörde eines EU-Landes benötigen.

Um Krypto-Überweisungen nachverfolgen zu können, müssen Plattformen bei der Abwicklung einer Transaktion Informationen über Sender*in und Empfänger*in ermitteln. Sollte der Verdacht von Geldwäsche oder Terrorismus bestehen, müssen die Anbieter*innen die gesammelten Daten an die zuständigen Behörden weiterleiten. Direkte Transfers zwischen Inhaber*innen von plattformunabhängigen Krypto-Wallets bleiben dabei allerdings außen vor.

Was bleibt also von der utopischen Vision der Krypto-Enthusiast*innen? Die schnelle Antwort: Mehr, als einige oberflächliche Vorurteile vermuten lassen. Auch wenn es weiterer Regulierung bedarf und Strukturen noch wachsen müssen, stellen Kryptos gerade für Non-Profits ein riesiges Feld mit neuen Möglichkeiten dar. Vor allem kann sich der Einsatz von Kryptowährungen für die Erschließung neuer Spendenquellen lohnen und dabei völlig neue Zielgruppe ansprechen.

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