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Eure Organisation ist gemeinnützig und hat einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, doch der schreibt rote Zahlen? Grund zur Panik besteht nicht. Aktiv werden solltet ihr allerdings schon, sonst drohen euer Non-Profit Schwierigkeiten. Hier lest ihr, welche Möglichkeiten es gibt.

Gemeinnützige Organisationen können wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gründen und damit Geld verdienen. Das Gemeinnützigkeitsrecht gestattet solche kommerziell ausgerichteten Geschäftsbetriebe ausdrücklich. Es gibt sie auch häufig. Typische Beispiele sind Vereinsgaststätten, Museumsshops mit diversen Souvenirs oder Team-Events, die eine Naturschutzstiftung für Unternehmenskund*innen veranstaltet.

Mit wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, kurz WGB, könnt ihr Geld für eure gemeinnützigen Aktivitäten verdienen. Das ist eine großartige Chance, denn es macht euch unabhängiger von anderen Einnahmequellen wie Spenden oder Fördermitteln.

Allerdings sind diese Einnahmen steuerpflichtig und nicht steuerbegünstigt, anders als Zweckbetriebe, Spenden und Mitgliedsbeiträge. Und das hat Konsequenzen, wenn wirtschaftliche Geschäftsbetriebe in die roten Zahlen rutschen.

Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, Zweckbetrieb, Sphärenmodell: Was heißt das eigentlich?

Für Gemeinnützige teilt das Sphärenmodell alle Einnahmen und Ausgaben in vier Bereiche: den ideellen Bereich, die Vermögensverwaltung, den Zweckbetrieb und den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Diese Aufteilung ist im gemeinnützigen Sektor absolut grundlegend.

Das Defizit-Problem: Steuerbegünstigte Mittel für steuerpflichtige Geschäftsbetriebe

Die Einnahmen aus dem steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb reichen nicht aus, um die Rechnungen zu bezahlen? Der Vorstand stopft dieses Loch mit Geld aus Spenden, aus Mitgliedsbeiträgen, aus der freien Rücklage oder aus dem Zweckbetrieb? Dann verstößt er gegen die Pflicht zur „Selbstlosigkeit“ im Gemeinnützigkeitsrecht (§ 55 AO).

Es besagt im Kern: Die steuerfreien Einnahmen gemeinnütziger Organisationen dürfen nicht in erster Linie für „eigenwirtschaftliche Zwecke“ genutzt werden. Genau das ist jedoch der Fall, wenn die steuerbegünstigten Mittel nicht dem Satzungszweck dienen, sondern ein Minus im steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb ausgleichen. Dann liegt eine Mittelfehlverwendung vor.

Dieser Fehler wird besonders brisant, wenn die Quersubventionierung längere Zeit hinweg andauert oder große Beträge umfasst. Dann steht schnell die Gemeinnützigkeit für das betreffende Jahr auf dem Spiel. Wird sie aberkannt, droht nachträglich wie bei einem kommerziellen Unternehmen volle Steuerpflicht: Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Erbschaftsteuer und Grundsteuer, je nach Situation.

Ein Beispiel: Das Café zum teuren Häppchen

Nehmen wir ein fiktives Beispiel: Der gemeinnützige Musikverein „Bunte Noten e. V.“ veranstaltet Konzerte mit Chören, Bands und Orchestern aus der Region. Die Konzertveranstaltung ist ein Zweckbetrieb: Sie dient dem Satzungszweck, der „Förderung von Kunst und Kultur“.

Nebenbei betreibt der Verein in seinem Orchestersaal ein Café. Das Café ist ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, denn Gastronomie ist kein gemeinnütziger Zweck. Dort werden neben Kaffee, Wein, und Sekt auch elegante Häppchen und andere kleine Speisen serviert. Der Raum wurde aufwendig restauriert und schick eingerichtet, außerdem wurden zwei Arbeitskräfte eingestellt. Leider ist das Konzept zu ambitioniert, das Angebot zu teuer und der Absatz zu gering. Das neue Café schreibt rote Zahlen.

Zum Glück waren die Konzerte ein großer Erfolg und brachten dem Verein schöne Einnahmen. Außerdem hat ihm ein verstorbenes Mitglied einen größeren Betrag hinterlassen. Erbschaftssteuer muss der e. V. als gemeinnützige Organisation darauf nicht bezahlen. Der Vorstand macht sich das zunutze und überweist den Handwerkern und den Lieferant*innen des Cafés aus dem geerbten Vermögen die 30.000 Euro, auf die sie seit Monaten warten.

„Problem gelöst – das Café kann mit neuem Konzept an den Start gehen“, sagt sich der Vorstand. „Vielleicht wird es die Gewinnzone nicht gleich erreichen. Aber das Geld aus der Erbschaft wird auch noch das nächste und übernächste Jahr überbrücken. Hauptsache, das Café bringt uns langfristig Einnahmen.“ Das mag auf den ersten Blick nach einem soliden Konzept klingen. Tatsächlich droht großer Ärger.

Das Finanzamt wird aus der nächsten Steuererklärung des Vereins ablesen, dass Geld aus dem ideellen Bereich (die Erbschaft) in einen steuerpflichtigen Wirtschaftsbetrieb (das Café) geflossen ist. Das wird es als Mittelfehlverwendung werten – eine Verwendung außerhalb des gemeinnützigen Zwecks. Und wenn sich dies über drei Jahre hinweg fortsetzt, droht dem Verein die Aberkennung der Gemeinnützigkeit für diese Jahre.

Kommt es dazu, werden die kompletten Einnahmen aus dieser Zeit nachträglich steuerpflichtig – die Mitgliedsbeiträge, die Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittskarten und selbst die Erbschaft. Zudem droht Grundsteuer auf den Orchestersaal und die Rückzahlung von Fördermitteln.

Trotz Ausgleich keine Mittelfehlverwendung? Das ist möglich

Das Beispiel schildert den Worst Case. Nicht jedes Minus im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bedroht automatisch die Gemeinnützigkeit. Es gibt also keinen Grund, bei roten Zahlen direkt in Panik zu verfallen. Ernst nehmen sollten Non-Profits das Szenario allerdings schon.

Die gute Nachricht: Innerhalb gewisser Grenzen und unter bestimmten Voraussetzungen dürfen gemeinnützige Organisationen ihre steuerbegünstigten Mittel doch zum Ausgleich der Fehlbeträge nutzen. Diese Voraussetzungen sollten sie dabei aber sehr genau einhalten:

  • Wenn man mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe hat, darf man den Verlust in dem einen Betrieb mit Einnahmen aus dem anderen decken. Das gilt zumindest, solange die Einnahmen aus dem gleichen Jahr stammen und der defizitäre Betrieb nicht über Jahre hinweg durchgefüttert wird.
  • Bleibt nach der Verrechnung mit Gewinnen aus anderen Geschäftsbetrieben noch ein Verlustbetrag übrig, oder gibt es keine anderen Geschäftsbetriebe? Dann darf der offene Minus-Betrag mit Mitteln des ideellen Bereichs gedeckt werden, wenn der entsprechende Geschäftsbetrieb vor dem Verlustjahr sechs Jahre lang Gewinne für das Non-Profit generiert hat, und zwar mindestens in gleicher Höhe.
  • Die Non-Profit darf den Verlust im Geschäftsbetrieb aus steuerbegünstigten Mitteln wie Spendengelder oder Rücklagen ausgleichen, wenn dieser im Gegenzug einen Kredit aufnimmt und damit das Geld spätestens bis zum Ende des nächsten Geschäftsjahrs intern zurückbezahlt. Der Kredit muss eindeutig dem Geschäftsbetrieb zugeordnet sein, Tilgung und Zinsen dürfen nur aus diesem Bereich erfolgen. Immerhin kann Vermögen der Non-Profit als Sicherheit dienen, zum Beispiel das Vereinsgrundstück bei einer Hypothek.
  • Möglich ist auch ein internes Darlehen: Die Non-Profit-Organisation stellt ihrem defizitären wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb das Geld zur Verfügung, um dessen Minus auszugleichen. Dieser muss es dem ideellen Bereich dann spätestens bis zum Ende des nächsten Geschäftsjahrs zurücküberweisen. Er sollte also im folgenden Jahr entsprechend viel verdienen.
  • Eine Sonderregelung gilt, wenn die gemischte Nutzung von Anschaffungen für den gemeinnützigen Zweck und für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu einer anteiligen Abschreibung führt, die den Geschäftsbetrieb in die Minuszone bringt. Ein Beispiel wäre ein Tanzsportverein, der seinen Tanzsaal auch für kostenpflichtige Tanzpartys nutzt und dort den Belag der Tanzfläche erneuern lässt. Wenn der Teil der Verlegungskosten, der auf den wirtschaftlichen Geschäftsbereich „Event-Veranstaltung“ entfällt, dort für ein negatives Betriebsergebnis sorgt, droht keine Mittelfehlverwendung. Das ist allerdings anders, wenn für die Event-Partys eine teure Lichtanlage eingebaut wird, die so im Vereinsbetrieb nicht benötigt wird.

Diese Regelungen sieht die Finanzverwaltung vor. Sie stammen aus dem offiziellen Anwendungserlass zu § 55 AO.

Ein Anlauf-Minus bei Neugründung ist in Ordnung

Dass ein neu gegründeter Betrieb nicht ab dem ersten Tag Geld abwirft, ist auch dem Finanzamt klar. Wenn eine gemeinnützige Non-Profit mit einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb startet, darf sie das Geld für die Gründungs- und Anlaufkosten aus ihren steuerbegünstigten Mitteln nehmen.

Allerdings sollte der neue Geschäftsbetrieb relativ bald in die Gewinnzone kommen. Die Finanzverwaltung erwartet, dass der interne Gründungskredit dem ideellen Bereich zurückgezahlt wird. Das sollte „in der Regel“ in den nächsten drei Jahren geschehen.

Und was ist mit der Vermögensverwaltung und dem Zweckbetrieb?

Gemeinnützige Non-Profits können auch in ihrer Vermögensverwaltung und im Zweckbetrieb mit Verlusten konfrontiert sein. Was gilt dort?

  • In der Vermögensverwaltung greifen dieselben Grundsätze wie beim steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Eine Non-Profit mit einer vermieteten Immobilie, die unterm Strich Geld kostet, statt Einnahmen abzuwerfen, muss die Verluste entweder zeitnah abstellen und die Kosten zur Deckung auf zulässige Art zurückerhalten, oder sie muss die Immobilie loswerden.
  • Ganz anders ist die Situation im Zweckbetrieb. Der dient schließlich zur Umsetzung der gemeinnützigen Zwecke. Wenn dort unterm Strich ein Minus bleibt, muss die gemeinnützige Organisation darauf zwar eine wirtschaftliche Antwort finden. Aus Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts stellen die Verluste jedoch kein Problem dar.

Fazit: Der praktische Umgang mit einem Defizit im WGB

  • Achtet bei eurer Non-Profit auf eine saubere, ordnungsgemäße Buchführung. Das gilt auch und besonders für eure steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe. Denn nur dann seht ihr, wenn dort ein Minus droht.
  • Das Defizit im steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb ist kein Anlass zur Panik. Aber aktiv werden solltet ihr schon, und zwar bald.
  • Vielleicht gibt es die Möglichkeit, das Defizit mit einer der gerade beschriebenen, zulässigen Methoden auszugleichen. Fragt ein*e Steuerberater*in, wenn ihr euch unsicher seid.
  • Wenn der Geschäftsbetrieb kaum Aussicht auf Rentabilität hat, dann macht den Laden dicht. Das ist besser, als dauernd das Risiko einer Mittelfehlverwendung mit sich herumzuschleppen.
  • Wichtig: Solange der Verlust auf einer Fehlkalkulation beruht und nicht gerade auf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Fehlentscheidungen, könnt ihr den Geschäftsbetrieb mit einem Minus beenden, ohne dass die Gemeinnützigkeit bedroht ist. Normaler geschäftlicher Misserfolg ist kein Delikt. Das gilt auch im Non-Profit-Sektor.
  • Noch wichtiger: Lasst euch nicht abschrecken. Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sind ein großartiges Mittel, um Geld für eure Non-Profit-Arbeit zu beschaffen. Praxistipps für eure eigene Gründung lest ihr in „5 Tipps für den Startschuss eures wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs